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L’ultimo ultràs – Ein Film von Stefano Calvagna

Es hörte sich so schön an, als Stefano Calvagnas Film „L’ultimo ultràs“ („Der letzte Ultrà„) angekündigt wurde: Giancarlo „Sandokan“ Lombardi, einer der Führer der Curva Sud, Capo der „Guerrieri“, sollte mitspielen und selbst Shevchenko sollte mit einem Gastauftritt für Authentizität sorgen. Nun, machen wir es kurz, herausgekommen ist ein Film, der mit „Der letzte Scheiss“ vermutlich immer noch die Erwartungen zu hoch hängen würde. Satte 90 Minuten verschenkte Lebenszeit hielt die heiß erwartete DVD für mich bereit.

Angetreten war Calvagna mit der Idee, die Passion Ultrà erlebbar zu machen, einen spannenden Krimi um einen während einer Auseinandersetzung erstochenen Fan zu schaffen, eine Liebesgeschichte zu erzählen. Herausgekommen ist ein formidables Schlafmittel, das Werk lebt bis zum Ende nur von der Wette „Passiert hier noch irgendetwas oder nicht?“. Stefano Calvagna ist glücklicherweise Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person, jeder andere Regisseur hätte Calvagna bestimmt vom Set geschmissen und jeder andere Hauptdarsteller hätte sich geweigert Calvagnas pathetische Monologe zu rezitieren. Dummerweise fehlt jedes Regolatorium und so stolpert unser Held von einem hölzernen Dialog zum nächsten, ohne auch nur einen Gesichtsmuskel zu bewegen, ohne auch nur einmal den Mund zu öffnen. Man möchte ihn am Kragen packen und schütteln, um ihm irgendeine sichtbare Emotion zu entlocken. Irgendwann möchte man auch die anderen Schauspieler schütteln. Und irgendwann möchte man nur noch, dass das Elend von wenigstens einer Werbeunterbrechung belebt wird.

Die Frauen sind alle ausnehmend hübsch und verfallen sämtlichst vom Fleck weg dem Hauptdarsteller. Einem Protagonisten, der nicht nur nicht besonders hübsch anzuschauen ist, sondern völlig abgerissen in einem Hotel am Lago di Garda haust und sich bruchlos durch sämtliche Szenen nuschelt. Völlig nachvollziehbar, dass jedes der den Film bevölkernden feengleichen Wesen sich ihm stante pede an den Hals wirft. Genauso realistisch geht es dann auch gleich weiter: Die wenigen Kampfszenen sind dermaßen schlecht gestellt und von derart affig maskierten Ultrà-Darstellern gespielt, dass man sich einen Auftritt von Bruce Lee herbeisehnt. Mehr als an violente Auseinandersetzungen von heißblütigen Fans erinnert das Theater an eine Gruppe 10-jähriger, die sich bei Mc Donald’s um die Geburtstagstorte balgt. Und überhaupt Theater: die Dialoge zwischen dem wohlmeinenden Vater und „Luca“ (oder wie der Hauptdarsteller gerade heißt, er ist ja auf der Flucht) hätten in einer Shakespeare-Aufführung im Provinztheater von Santo Stefano al Mare vielleicht noch irgendjemand Verwirrten zum Klatschen animiert, im Umfeld eines um seinen gewalttätigen Sohn besorgten Vaters sorgen die hölzernen Rezitationen höchstens für ein gezieltes Zucken zur Fernbedienung.

Handlung hat „L’ultimo ultràs“ wohl auch. Zu Beginn ersticht „Luca“ einen gegnerischen Ultrà, versteckt sich am Gardasee (wenigstens das wird deutlich, dasselbe Seepanorama mit der selben Fähre wird gefühlte 12 mal eingeblendet), wird von einem anderen bösen Ultrà (Lombardi) erpresst, wählt seine Lieblingsfrau aus, die sich dann am Ende ausgerechnet als… und diese armselige Wendung aus dem Handbuch des Kurses „kreatives Schreiben für Damen im besten Alter“ spare ich jetzt aus, obwohl diese brunzdämliche Volte noch einmal einen besonderen Lacher verdient hätte.

Insgesamt ein höchst enttäuschendes Machwerk, dass im Laufe der anderthalb Stunden aber auch die letzte Hoffnung auf irgendwelche wenigstens banale Unterhaltung abwürgt. Eine „Story“, die unglaublich langweilig zwischen hundertprozentiger Vorhersehbarkeit und völlig absurden und nicht nachvollziehbaren Wendungen oszilliert und am Ende höchstens die Frage aufwirft, wieso sich jemand derart den Abend versauen sollte, wenn doch im Fernsehen gleichzeitig Eisstockschießen aus der zweiten dänischen Liga übertragen wird. Darsteller, von denen kein einziger jemals irgendeine Mimik praktiziert und dazu passende Dialoge, die in ihrer kompletten Ironiefreiheit 1. Mai-Demonstrationen in der SBZ entnommen scheinen.

Beste Szene ist die Eingangssequenz, in der eine Horde Ultràs auf Auswärtsfahrt Schlachtgesänge verbreitet. Die wacklige Handkamera sorgt für eine halbwegs authentische Stimmung. Die dauert allerdings leider nur zwei Minuten an, dann fliegen Steine gegen den Bus, man steigt aus und man sieht einen Haufen Jugendlicher, die erst versuchen, so zu tun, als würden sie sich hauen und dann so zu tun, als würden sie betroffen dreinschaun. Schlechteste Szene ist der ganze Rest, wobei sich die obligate „Liebeszene“ zwischen „Luca“ und seiner Herzensdame eine besondere Erwähnung verdient. Mit einer halbnackten Dame auf dem Schoss muss man erst einmal so bärchenhaft knuddelig dazusitzen verstehen, zumal als vermeintlich brutaler Messerstecher mit Problemen in der Frustrationstoleranz. Da hatte sich die Dame sicherlich anderes versprochen. Wer nicht?

Hier noch der Trailer. Offensichtlich hatte man nicht genügend zeigenswerte Szenen:

PS: Shevchenko wäscht sich übrigens gerade auf dem Klo die Hände, als ihn „Luca“ unvermittelt anspringt und ihm einen Monolog über das Herz von „Ultrà“ an und für sich aufsagt. Als sich unser Hauptdarsteller durch das Pamphlet gewürgt hat, klopft ihm Sheva lieb auf die Schulter. Aber er lacht wenigstens nicht. Grande Sheva!

15 Antworten auf „L’ultimo ultràs – Ein Film von Stefano Calvagna“

Na, für Dich normal, für uns in der Form recht deutlich.

Ich hab dazu im Eintracht-Forum einen Thread gestartet, da habe ich versucht, darauf basierend eine Diskussion zu starten, aber früher war das besser, da war das keine Meinungskippe, rotz und ab, sonder das war noch ein Forum wo über all die Fangruppen hinweg diskutiert wurde. Heut will ja keiner mehr.

Und wir erleben ja in Deutschland zum ersten mal Reiseverbote, Blocksperren, der Rest kommt auch noch.

Aber vielleicht hilft es.

http://www.eintracht.de/meine_eintracht/forum/8/1

Schöne Diskussion. Und vor allem sprichst du mir aus der Seele. Das Ultrà-Ding ist in Italien mausetot. Aus verschiedenen Gründen, die alle aufzuzählen hier den Rahmen sprengt und sicher mal Thema eines Beitrags wird. Viele äußere Einflüsse gehören dazu, die die inneren Einflüsse noch multipliziert haben. Das Ende der Geschichte sehen wir jetzt. Und, ja, ich würde mich auch freuen, wenn deutsche Ultràs die Diskussion führen würden, weil man sich dort befindet, wo man in Italien vor 10 Jahren war.

Damals gab es in Italien die Diskussion, die falsche Fraktion hat sich durchgesetzt und der Drops ist gelutscht. Was im Moment in D passiert, ruft bei mir ein deja vù nach dem anderen auf.

Nicht ganz OT, aber so etwas gibt es auch in deutscher Sprache zu lesen:

http://ballesterer.at/?art_id=1379&cat_id=83

Das nenne ich Qualitätsjournalismus über italienischen Fußball auf Deutsch. Ballesterer ist bei mir ganz weit vorne, schreiben herkunftsbedingt aber lieder hauptsächlich über Ö. Es gibt Ausnahmen wie diese hier.

bleibt doch in der familie bzw. sippe! laie? eher routine.

ick hab den film aber net gesehen und nach den hier beschriebenden kritiken werde ick mir den auch nicht reinziehen.

Pffft. Wer mitreden will, hat sich durch das Teil zu kämpfen. Ohne Vorspulen. Ohne bewusstseinsverändernde Substanzen und mit Händen auf der Bettdecke! Die wollen harte Ultràs? Vielleicht mal bei den wenigen nachfragen, die bis zum Ende durchgehalten haben!

Also wirklich, der Film ist super……super Scheiße. Ich will nicht nach dem Munde reden, aber es ist wirklich ungeheuerlicher Mist, den die uns da aufgetischt haben…..und zwar genau so, wie Du es geschrieben hast.
Abgesehen davon, daß es einige bekannte Gesichter gibt, die man aus der Kurve kennt, gibt es einen einzig interessanten Dialog im ganzen Film, nämlich dem zwischen dem Hauptdarsteller und Sheva (ausgerechnet im Männerklo).
Die Ultrasphilosophie kommt so gut wie überhaupüt nicht 'rüber, der Typ ist so atypisch wie nur irgendwas, zieht sämtliche Mädels magisch an, hat eine scheinbar überreiche Familie, wie sie wohl nur im Film existiert. Die nuscheln sich in einem undefinierbaren Dialekt (Ascoli? Roma? Umbria?) mit imaginären Mannschaften durch den Film.
Die Handlung ist "sotto ogni scrofa", also unter aller Sau.
Schade, sehr schade, hier hat man eine Gelegenheit verpaßt, die Ultrawelt Außenstehenden zu erklären…im Comunicato haben die Recht, sich darüber aufzuregen….ich frage mich, was den Komparsen und den Nebendarstellern gezahlt wurde, um da mit zu machen.
Ojeoje, lieben Gruß

Naja, wenigstens hatte "Sandokan" den hervorragenden Einfall, seine Gobbi-Freunde aus der "Viking" ins Rennen zu schicken. So bleibt unserer Curva Sud wenigstens diese Schmach erspart…

Eins zu Eins genauso habe ich diesen "Film" empfunden, obwohl ich KEIN, aber wirklich kein Wort italienisch kann. Bräuchte ich für diesen Streifen wohl auch scheinbar nicht. Nach der großen Ankündigung habe ich nach einem reifen Film über Ultra quasi gelechzt, nach dem Film dachte ich mir, was soll das? Liegts nur an den mir fehlenden Sprachkenntnissen, dass ich ihn so unfassbar unauthentisch und auf deutsch gesagt einfach nur scheiße fand? Dein Beitrag zeigt mir, nein, der Film war wirklich einfach nur überflüssig.

Ciao Ell und danke für das Feedback, schön, dass es auch anderen so ging. Ich glaube, dass fehlende Sprachkenntnisse ein echter Vorteil sind, so spart man sich wenigstens den unsäglich pathetischen Inhalt der Deklarationen und verliert trotzdem nichts, was für irgendeine "Handlung" nötig wäre. "Unfassbar unauthentisch" und "einfach nur scheiße" würde ich unterschreiben. Und auch meine Enttäuschung verstärkt nur das schlechte Gefühl…

Extra Schade, dass sich jemand aus der Curva für so nen Blödsinn hergibt, auch wenn Lombardi seine Sache als böser Erpresser vielleicht sogar noch "am besten" macht. Vermutlich, weil er als Laie mit den ganzen "Theaterschauspielern" nicht mithalten kann.