Mir ist gerade aufgefallen, dass es morgen genau 1 Jahr her ist, dass ich Nichtraucher wurde. Ich feier mich mal kurz selbst, dann geht es wieder weiter mit Italien.
Mit dem Rauchen aufzuhören, ist erst einmal weniger schwer, als es häufig dargestellt wird. Es ist anfangs unangenehm, aber nicht so folterkammer-ähnlich, wie es – meist gescheiterte – Raucher einen wahrhaben lassen wollen. Es gibt Tricks und Kniffe, einem über die ersten Tage zu helfen, aber das Unverzichtbare muss man selbst mitbringen: die Überzeugung und den Wunsch, nicht mehr rauchen zu wollen. Klingt einfach, ist es aber leider nicht. Man kann nämlich diese Überzeugung nicht herstellen und auch noch so große Willenskraft kann sie nicht ersetzen. Ich bin mir sicher, dass jährlich tausende Raucher mit dem stärksten Willen an die Aufgabe gehen, damit aufzuhören und trotzdem scheitern. Es ist eigentlich ganz einfach: Man muss es wollen! Man muss innerlich ohne größere Anstrengungen und intellektuelle Kopfstände, ohne das Herbeiziehen von Gründen und Überzeugungen, ganz einfach spüren, dass man jetzt aufhören will, dass es genug ist. Weder Informationsbilder zu Teerlungen noch Krebsgefahr noch finanzielle Erwägungen können diese Grundüberzeugung ersetzen – der Körper lässt sich von rationalen Erwägungen einfach nicht erweichen…sonst könnte ich mir ja aussuchen, in wen ich mich verliebe.
Diese Grundüberzeugung, aufhören zu wollen ist aber der Schlüssel zum erfolgreichen aufhören. Und damit meine ich den Rest des Lebens. Ein paar Wochen oder Monate hält jeder durch, das ist nicht so schlimm und nichts, was sich nicht mit ein Kaugummis oder Gummibärchen erleichtern lassen würde. Die Schwierigkeit besteht darin, den Verzicht auf die Zigarette nicht als lebenslangen Verlust zu sehen, denn das hält auch der stärkste Charakter nicht aus. Niemand kann es ein Leben lang durchhalten, sich eine Sache vorzuenthalten, die ihm im Hinterkopf Spaß macht und Befriedigung bedeutet, die beruhigt und mit angenehmen Erfahrungen verknüpft ist. Egal, wie oft man von den Gefahren für den Kardiovaskularapparat erzählt bekommt oder Lungenkrebs oder drohender Gewichtszunahme. In dem Falle würde ich mich eher gleich dafür entscheiden, ein glücklicher und überzeugter Raucher zu sein anstatt von der Zigarette nicht loszukommen und sie aber auch nicht mehr genießen zu können.
Man sollte sich also entscheiden, Raucher zu sein oder eben nicht. Entweder ich nehme die negativen Aspekte des Rauchens hin und genieße meine Sucht oder ich bewerte die negativen Aspekte höher und will eben Nichtraucher sein. Was ich nicht sein kann, ist ein Raucher der nicht raucht. Das klingt einleuchtend, sollte man sich aber durchaus mal durch den Kopf gehen lassen: Ich will nicht mehr Raucher sein! Ich betrachte das nicht als Verzicht und Selbstgeißelung, sondern ich bin froh, dass ich nicht mehr jedesmal, wenn ich weggehe, einen Überblick über meine Vorräte verschaffen muss. Ich kann ein mehrstündiges Abendessen so richtig genießen, ohne dass ich mir alle halbe Stunde einen Weg nach draußen bahnen muss oder nervös und unkonzentriert auf Gegenständen kaue. Meine Sachen stinken nicht mehr, jedenfalls nicht mehr nach Rauch. Ich habe in den letzten 12 Monaten 20 kg abgenommen und bin in der Form meines Lebens (da schreib ich ein andernmal drüber). Ich bekomme keine Panikattacken vor Zugfahrten oder Flugreisen.
Mit anderen Worten: Rauchen ist überhaupt gar kein Teufelszeug und es kann richtig schön sein. Allerdings nicht für den abhängigen Raucher, der viel mehr damit beschäftigt ist, zwanghaft sein Nikotinniveau einzupegeln, als dass er wirklich noch genießen kann. Damit aufzuhören ist nicht wirklich schwer, echte Entzugserscheinungen sind nach 14 Tagen komplett erledigt, psychologische Abhängigkeiten kann man mit Ersatzhandlungen (Tee, Kaugummis, Gummibärchen, Sport) prima unterdrücken. Aber um die Sucht wirklich und wahrhaftig zu besiegen, muss man sie besiegen wollen. Man muss mit dem Rauchen aufhören wollen und sich auf die Zeit als Nichtraucher freuen anstatt vor dem Zigarettenmangel Angst zu haben. Ist eigentlich alles.
15 Antworten auf „Rauchen aufhören IV“
Ich bin jetzt auch dabei, seit achteinhalb Monaten. So wie Du die Lage beschreibst, so sehe ich sie mittlerweile auch. Meine früheren Versuche scheiterten, weil die Einstellung nicht stimmte und ich eigentlich wieder rauchen wollte. Wer so drauf ist, wird schon bald die Gelegenheit finden, eine „Dummheit“ zu machen und wieder anzufangen. Wer aber wirklich nicht mehr rauchen will, also die Einstellung hat, ich bin Nichtraucher, wird sich auch nicht mehr verführen lassen, eine (nur eine …) anzustecken.
Ich sage auch immer: Wer sich vorstellen kann, in 10 Jahren immer noch als Nichtraucher zu leben, der ist auf dem richtigen Weg! Danke für Deinen Beitrag
Ich finde es schön, dass Du keine Partei ergreifst und Verständnis für Raucher hast. Daher merkt man, dass Du selbst geraucht hast. Du hast eigentlich mit einem informativen Artikel auf den Punkt gebracht was viele mit einem Buch nicht schaffen.
Beste Grüsse
Martin
PS: Schaue Dir auch mal meinen Nichtraucher Blog an.
Hi,
ach egal, gerade eh alles blöd, bin gerade selbst dran und bin noch voll auf Entzug.
http://www.literaturasyl.de/?p=992
Dir Toi,Toi,Toi
Gruß
AMUNO
[…] mehr als einem Jahr habe ich aufgehört, zu rauchen und in den letzten 4 Artikeln zum Thema habe ich das ja stationsweise begleitet. Ich habe keinen Schmacht mehr, ich denke nicht […]
„Die Umstände bestimmen viel“? Tut mir leid, aber bei aller Toleranz klingt mir das wie eine Vorab-Entschuldigung weil ich schon vorher weiss, dass ich es sowieso nicht schaffe. „*Ich* höre mit dem Rauchen auf!“ und nicht „Ich höre unter Umständen auf.“ Wer so anfängt, kann gleich weiterrauchen und sich den Ärger sparen.
Um zu rauchen, muss ich mir Zigaretten besorgen und ein Feuerzeug, muss mir die Zigarette in den Mund stecken, sie mit dem Feuerzeug anzünden und dann ziehen. Und wenn ich nicht rauchen will, dann mache ich das eben nicht. Ich wüsste von keinen Umständen, die mir gegen meinen Willen die Fluppe in den Mund stopfen und anbrennen.
Gleiches gilt für Nikotinpflaster-Dreck: Entweder ich will vom Nikotin loskommen oder nicht. Eine Darreichungsform von Nikotin gegen die andere auszutauschen, scheint mir jetzt auf den ersten Blick nicht soooo sinnvoll. Aber wie oben gesagt, „wir alle finden unseren eigenen Weg, damit aufzuhören“. In bocca al lupo!
Man muss es zu 100% wollen. Aber das ist trotzdem noch nicht alles. Die Umstände bestimmen viel. Auch wenn man es 100%ig will, die Sucht kann stärker als die Vernunft sein. Darum fangen soviele wieder an.
Zusätzliche Hilfen wie Nikotinpflaster oder Bücher helfen und haben mir geholfen.
Ciao Lars! Carrs Buch habe ich nicht gelesen, aber ich hatte seinerzeit Joel Spitzers „Never Smoke Another Puff“ als Motivationshilfe verschlungen (http://whyquit.com/joel/ntap.pdf). Der Text enthält einige hervorragende Informationen und eignet sich wirklich hervorragend, um sich ordentlich auf die Rauchfreiheit einzustimmen. Ich würde mit meinen Erfahrungen seitdem nicht mehr alles 100 % unterschreiben, aber das ist auch nicht wichtig – wir alle rauchen aus verschiedenen Motiven und wir alle finden unseren eigenen Weg, damit aufzuhören. Solche Bücher – wie auch Blogs – können immer nur Erfahrungsberichte sein, niemals Anweisungen.
Ich möchte mich aber Deinen Worten anschließen: „es ist nicht leicht mit dem Rauchen aufzuhören – es ist aber auch nicht so schwierig wie man immer glaubt.“ Absolut! Jeder kann damit aufhören, wenn er denn will. Und wenn man aufhören will, ist der Weg zur Zigarettenfreiheit auch ganz egal. Siehe auch meine Einlassungen zum „Ab und zu mal eine Zigarette rauchen…“ – da gibt es einfach keine allgemeingültige Meinung zu; manche können das, andere können das nicht. Ich lasse mich demnächst mal länger zu dem Thema aus.
Hey, ich bin nun seit 934 Tagen Nicht-Raucher! wie der quitcounter mir sagt. Ich möchte jedem Raucher sagen es ist nicht leicht mit dem Rauchen aufzuhören – es ist aber auch nicht so schwierig wie man immer glaubt. Ich habe nach 21 Jahren aufgehört, nach dem ich das Buch ‘Endlich Nichtraucher!’ von Alan Carr gelesen habe. Und habe ähnlich positive Erlebnisse wie von dir beschrieben.
liebe Grüße Lars
Ciao Angelika und Danke für das Lob. Meine sind natürlich alles nur persönliche Erfahrungen und jeder macht mit Sicherheit seine eigenen und muss seine eigene Masche zum Durchhalten finden. Den einen ekeln Zigaretten plötzlich an, der andere kann plötzlich keinen Alkohol mehr trinken – alles gleichgültig, wenn man sich vor Augen ruft, dass es Nichtrauchern genausogut geht wie Rauchern: Rauchen ist ein Nullsummenspiel. Viel Erfolg und halt durch – es lohnt sich! Kai
Herzlichen Dank für diesen hilfreichen Beitrag, auch wenn ich schon einiges gelesen habe…ich feier meinen Tag 13.., ist dein Artikel ein sehr gelungenes „Ich bin froh ein Nichtraucher zu sein – ABC „.
Angelika
Au ja, nen Nichtraucher-Blog! Da kann ich jetzt immer hingehen und über die armen Schweine, die grade dabei sind, lachen. 😉 Nee, im Ernst, schönes Blog, hab grad meine Meinung zu Hilfsmitteln geschrieben.
Das stimmt.. Ich würde mich sogar wesentlich länger als nur 58 Minuten schlecht füheln..
Einer meiner Hauptmotivationen sind meine Freunde, das spornt an nicht aufzugeben, habe deshalb mal meine Rauchartikel in ein eigenes Blog bewegt.. Nur wenn Du mal Langeweile hast, oder Erfahrungen austauschen magst:
http://www.nicht-rauchen-blog.de/
Na dann wünsche ich dir viel Erfolg. Und immer dran denken: die 2 Minuten wohlfühlen sind es nicht wert, dann folgen 58 Minuten schlechtes Gewissen pro Stunde…
Gratulation, ich bin ja erst bei Tag 24, werde mir aber Mühe geben zu Dir aufzuschließen um auch bald mein erstes Jahr feiern zu können..
http://www.meinungs-blog.de/endlich-nichtraucher-tag-24-erfolge-und-verschwendung