Vor mehr als einem Jahr habe ich aufgehört, zu rauchen und in den letzten 4 Artikeln zum Thema habe ich das ja stationsweise begleitet. Ich habe keinen Schmacht mehr, ich denke nicht an Zigaretten, es stört mich nicht, wenn andere rauchen. Vermutlich ist bei mir ja genetisch irgendwas wirr verdrahtet und ich neige einfach nicht zu Sucht und Abhängigkeit, jedenfalls empfand ich das mit dem Rauchen aufhören als irgendwie nicht so furchtbar. Im Gegenteil, ich habe das eingebettet in ein ganz spannendes Gesamtkunstwerk, das auch gleichzeitig besseres Essen, frischer und anders kochen und regelmäßigen Sport beinhaltete. Insofern war das Nichtrauchen nur ein kleines Rädchen und konnte nicht so existenziell bedeutsam aufgeblasen werden, wie Raucher das so gern tun, wenn sie aufhören wollen. Da wird dann der Kampf gegen die Zigarette als übermenschlicher Kampf gegen einen in allen Belangen überlegenen Gegner beschrieben, den man eigentlich unmöglich gewinnen kann. Kann sein, dass ich alles falsch mache, aber weder empfand ich meine Raucherei (dann doch 1,5-2 Schachteln starke Chesterfield täglich) als existenziell noch danach das Nichtrauchen. Beides war ein Teil, ein Ausschnitt meines Lebens und sowohl Rauchen wie auch Nichtrauchen beeinflussen eben nur einen kleinen Prozentsatz dessen, was für mich bedeutsam ist. Stadionverbot fänd ich z.B. viel schlimmer.
Und deshalb riskiere ich hier einfach mal eine kesse Lippe über das offenbar wichtigste Thema bei allen Ex-Rauchern: „Kann ich ab und zu mal eine Zigarette rauchen?„ Meine Antwort: Also ich kann problemlos.
Ich war beim Oktoberfest mit lauter Leutchen zusammen, die rauchten. Ich war über Weihnachten in Deutschland und fast immer mit Freunden, die rauchen. Ich bin ab und zu bei Fußballspielen und irgendwie rauchen da alle. Jetzt könnte ich als Ex-Raucher natürlich stark sein und die Abstinenz durchziehen. Sollte man vielleicht sogar auch. Aber ich hab keine Lust, mich einen ganzen Tag oder mehrere beständig mit der Frage zu quälen „Was wäre wenn?“ Denn seien wir mal ehrlich, es ist undenkbar, nicht wenigestens daran zu denken, selbst wenn man halbwegs problemlos verzichten könnte. Ich will mich aber bei einem tollen Anlaß im Kreise meiner Freunde, bei Wein, Weib, Gesang und gutem Essen entspannen, gehen lassen, eine tolle Zeit haben – ich will nicht den ganzen Tag die Frage im Kopf herumkreisen lassen, was wohl passieren würde, wenn ich jetzt eine Zigarette rauche.
Einfache Lösung: Ich kaufe mir eine Packung Chesterfiled rot und hau mir eine nach der anderen zwischen die Zähne und rauche, als ob ich niemals damit aufgehört hätte. Nicht eine Zigarette, nein, ohne darüber nachzudenken oder verschämt zu schnorren einfach jedesmal eine, wenn mir der Gedanke kommt. Die ganze Feier hindurch, die ganze Auswärtsfahrt oder was auch immer der Anlaß ist. Ich verschwende keinen Gedanken an Folgen, Abhängigkeit, „Spiel mit dem Feuer“ oder sonstwas – ich hab einfach Spaß. Ich trinke bei solchen Anlässen auch gern Bier und/oder Wein, ohne dass mich dies zwangsläufig dazu drängt, fortan tagsüber ab morgends Alkohol zu trinken. Ich trinke bei Festen und besonderen Feiertagen oder anderen besonderen Anlässen und da rauche ich dann eben auch mal. Bislang gab es damit niemals auch nur das geringste Problem – ist die Party vorbei, wird auch nicht mehr geraucht. Es ist mir aber auch sowas von egal, was mir von „Spiel mit dem Feuer“ oder „Du darfst um Himmelswillen nie wieder einen einzigen Zug machen“ erzählt wird. Ich gehe den Weg, der für mich am angenehmsten und am gangbarsten ist und „ab und zu mal eine Zigarette“ stellt für mich kein Problem dar.
Vielleicht ist das kein Ratschlag für jeden Ex-Raucher, sehr wahrscheinlich sogar. Aber Rauchen ist kein Teufelszeug, keine unüberwindbar drohende Gefahr vom Kaliber der Klimaerwärmung – Rauchen ist der Akt des zur-Packung-greifens und sich-eine-Kippe-anzündens. Und darauf habe ich immer einen Einfluss, muss ich ja nicht tun. Jedenfalls hat mir beim Aufhören sehr geholfen, dass ich die ganze Suchtgeschichte einfach nicht so wichtig genommen habe. Und im Moment hilft mir beim Nichtraucher bleiben, dass ich die ganze Nichtraucherei nicht so wichtig nehme. Gerade jetzt habe ich z.B. eine halbe Stunde nur an Zigaretten gedacht und drüber geschrieben – ohne dass ich mir jetzt eine anstecken muss oder das auch nur will. Warum? Na weil ich arbeiten muss und ich nicht mit Freunden durch Mailand ziehe.
8 Antworten auf „Rauchen aufhören V“
Ich hatte früher auch eine Phase, in der ich so drauf war: ich rauche nur ab und zu, und nur, wann ich will. Leider waren irgendwann die Zigaretten immer öfter alle, weil die Gelegenheiten, rauchen zu wollen, immer mehr wurden. Vor allem im Sommer, wenn man die Abende bei einem Gläschen Wein oder Bier draußen verbringen kann. Als es dann wieder kalt wurde, habe ich mir trotzdem abends meist ein paar angesteckt usw.
Schön, dass das bei Dir anders ist.
Hallo, ich würde gerne wissen, in welchem alter du mit dem rauchen begonnen hast? Und raucherjahre? Lg michi
eher spät, 10 raucherjahre
Hi, habe deinen Artikel grade gelesen. Auf deinen Blog kam ich wegen einer bald anstehenden Italienreise.
Ich mache es genau so wie du. Vor mehr oder weniger drei Jahren habe ich durch – ich muss es so sagen – einen Zufall aufgehört zu rauchen. Jetzt kann ich ohne Probleme ab und zu abends rauchen und ich habe beschlossen, dass es so ok ist. Obwohl ich ständig hochgezogene Augenbrauen ernte und die Kommentare nicht abreissen …
Ich muss jetzt auch keine rauchen und gehe erst einmal Mittagessen.
Viele Grüße aus HH
allen carr "endlich nichtraucher"
einmal lesen und schon hat man`s hinter sich…
bei mir hat es geklappt!
Hallo Deutscher in Italien *Grins* !
Deine Einstellung finde ich gut und ich glaube, dass das auch der Schlüssel der Raucherentwöhnung sein kann. Verbote schüren nur neues Verlangen, das lernt jeder Psychologiestudent im ersten Semester an der Uni. Aber sei mal ehrlich: Die Zigaretten, die man alle paar Monate mal raucht, schmecken doch einfach nur widerlich! Nach dem Entzug ist man Nichtraucher und jede weitere Zigarette schmeckt wie die Erste Zigarette von damals. Von daher: sinnlos! Braucht kein Mensch.
Alles soweit richtig. Und dann ist ja noch jeder Mensch verschieden, braucht verschiedene Stimoli und Hilfen. Bei mir ist es so, dass in der Tat "Verbote" kaum etwas bewirken, ich brauche Motivation und Entscheidungsfreiheit. Sinnlos ja, aber – psychologisch – gehört zum Nichtrauchen auch, dass eine einzige Zigarette nicht automatisch zum Rückfall führt. Denn das wäre ja Abhängigkeit. Jeder Mensch, Raucher oder Nichtraucher, hat bei jeder einzelnen Zigarette immer die Möglichkeit, sie zu rauchen oder nicht zu rauchen. Mir hilft der Ansatz jedenfalls.
Das ist übrigens auch eines der Prinzipien meiner Methode , mit der ich es geschafft habe: Dass man das Rauchen nicht als etwas Schlechtes betrachten soll. Was das Problem ist, sind nicht die Zigarette sondern der Zwang täglich rauchen zu müssen. Wer alle paar Monate mal eine Zigarre raucht, der soll sie rauchen.