Wenn man von unserer Unterkunft in Bagni di Contursi in Richtung Autobahn fährt, baut sich direkt vor einem das spektakuläre Felsmassiv der Monti Alburni auf. Wegen ihrer einzigartigen Form wird die Bergkette auch die Dolomiti campane (kampanische Dolomiten) genannt und ist ebenso wie deren norditalienisches Gegenstück kalksteinreich. Natürliche Erosion und Verkarstung sorgen für einen Reichtum an natürlichen Höhlen; man zählt etwa 400, darunter die ausgedehnteste Süditaliens, die Grotta di Civitavecchia und die Engelsgrotte (Grotta di Pertosa). Und was kann man mit einem angstfreien 8-jährigen an einem superheißen Frühsommertag besseres veranstalten, als gesundheitsgefährdend schlecht gekleidet in eine 16 Grad kühle Höhle hinabzusteigen? Richtig: nichts!
Also nichts wie ins Auto und die paar Kilometer (36) nach Pertosa gefahren. Der Eingang zur etwas erhöht am Berg südlich von Pertosa (die Grotte ist gut ausgeschildert) liegt unter Wasser und kann nur per Boot erreicht werden. Man nimmt also gemütlich Platz und lässt sich die ersten 300 m gemütlich auf dem “schwarzen Fluss†(fiume negro) durch die Höhle gondeln – die Temperatur wirkt hier noch angenehm erfrischend gegenüber den 40 Grad draußen und wird erst gegen Ende der Führung in “brrr…kalt†umkippen. Die kurze Führung durch die etwa 35 Millionen alte Höhle dauert ca. 1 Stunde, es ist auch ein ausführlicherer Rundgang möglich, der etwa 2 Stunden dauert. Der derzeit zugängliche Teil der spektakulären Tropfsteinformationen ist ca. 2,5 km lang – durch einen Erdrutsch wurde jedoch der weitaus grösste Teil der Höhle unpassierbar; wenn in der Zukunft dieser Teil wieder freigelegt wird, erweitert sich der begehbare Teil der Höhle um weitere 8 km bis zum Dörfchen Polla. Es ist bis heute übrigens nicht gelungen, den Ursprung der Wasser des Rio Negro zu lokalisieren – entsprechende Versuche mit phosphoreszierenden Materialien führten zu keinen Ergebnissen. Dafür arbeitet man derzeit an einer einzigartigen Lichtinstallation, die mit wechselndem, abgestimmtem Farbspiel die Höhle mit einer ganz faszinierenden Atmosphäre versieht. Unten in der Bildergallerie habe ich versucht, den blau ausgeleuchteten Höhlensee einmal festzuhalten. Ich kann aber nur anmerken, dass das ganze im Original noch hundertmal beeindruckender wirkt.
Spuren menschlicher Besiedlung lassen sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen, zuletzt diente die Höhle als Zufluchtsort während der Luftangriffe im zweiten Weltkrieg oder des Erdbebens von 1980, das im Vallo Diano immense Schäden anrichtete aber die Höhle verschont ließ. Eine Szene von Dario Argentos Film “Il Fantasma dell’Opera†wurde in der Grotte dell’Angelo gedreht. In diesem Sommer wird in der Grotta di Pertosa übrigens Dantes Inferno aufgeführt, die in der Fotogalerie sichtbaren eingegrabenen Hände und Füße gehören – wie die Lichtinstallation – zur Bühnendekoration. Sie sind zwar aus Gips, stellen aber ein echtes Highlight beim Höhlenrundgang dar. Alles in allem eine wunderschöne Tropfsteinhöhle und eine schöne Alternative für einen extrem heißen Tag in Südkampanien. Auf der offiziellen Homepage der Höhle finden sich unter “Tour Fotografico†noch weitere schöne Fotos.
Links:
Offizielle Internetseite der Grotte dell’Angelo Pertosa
Kurzbeschreibung der Grotte auf deutsch
Die Grotta di Pertosa bei Wikipedia
Fotos und Beschreibung auf Italienisch
Kampanien-Reiseführer Salerno und Cilento (pdf)
Bilder: