Gestern also das fieberhaft erwartete Spiel des ASD Ramatese gegen Novara, wohl die wichtigste Station der Vorbereitung auf die nächste Woche beginnende Meisterschafts-Rückrunde für die Nordwest-Piemontesen. Bis auf die krankheitsbedingten Ausfälle von Daniele und Ale trat die Ramatese in Bestbesetzung an, schließlich galt es, sich für die bevorstehenden Spiele zu empfehlen. Und trotz bestehender Auswärtsfahrtverbote war es zahlreichen Gästefans gelungen, ins Stadion zu kommen um ihre Mannschaft zu unterstützen. Dass es trotz zurückhaltenden Auftretens der Sicherheitskräfte weitgehend gewaltfrei blieb, ist doch ein gutes Zeichen für die Zukunft des italienischen Fußballs. Die Tatsache, dass es auf dem Gelände eine Bar mit Alkoholausschank gab, wurde von den mitreisenden Ultrà s wohlwollend registriert und ausgenutzt, es kam trotzdem zu keinerlei Ausschreitungen. Kaffee 70 ct, Sambuca 1,80 – da kann man nicht meckern. Ich wünschte, andere Stadien würden sich an dieser Preisgestaltung ein Beispiel nehmen.
Italienische Hooligans in Aktion
Sofort nach Anpfiff entwickelte sich eine flotte Begegnung mit Unterhaltungswert. Die Giallorossi kamen hochmotiviert aus der Kabine und hatten keinerlei Schwierigkeiten, sich auf dem ungewohnt harten Geläuf zurechtzufinden. Sofort wurde Novara massiv unter Druck gesetzt, die erste Mannschaft der Ramatese – hervorragend eingestellt von Mister Roby und Mister Andrea – ließen von Beginn an keinen Zweifel, dass hier niemand angereist war, um Punkte abzuschenken. Teilweise übermotiviert wurde Novaras Spielmacher innerhalb der ersten 5 Minuten zweimal von hinten hart umgegrätscht und wurde zur Sicherheit weinend auf die Bank geleitet. Der Einsatz stimmte also und ebenso das Resultat: Bereits nach 10 Minuten lag Ramatese durch einen lupenreinen Hattrick Ihres Sturmphänomens Jacopo in Führung. Der Junge hat einen Torinstinkt, der auch die anwesende Presse immer wieder an den jungen Pippo Inzaghi erinnerte – immer auf der Abseitslinie tänzelnd, mit dem gleichen sagenaften Antritt.
Jacopo, il vero fenomeno
3:0 ging also das erste Drittel zuende, es bahnte sich ein Debakel für die Blu an! Die mitgereisten Fans versuchten das Heimpublikum zu provozieren, das aber aufgrund zahlenmäßiger Unterlegenheit und des deprimierenden Resultats keinen ordentlichen Support mehr hinbekam. Novara erarbeitete sich bis dahin lediglich 2 Torchancen, beide vereitelt durch den wie immer hervorragend sicheren Rückhalt Simone im Tor, genannt „La Saracinesca“. Wann immer Novara die wiederum verlässliche Zweier-Abwehrkette um den deutschen Neuzugang Ezra und den Marokkaner Ishmael durchbrechen konnte, machte Simo mit seinem Stellungsspiel eventuelle Torversuche zunichte.
Ezra “un muro in difesa†in Aktion
Es kam, wie es kommen musste und die Ramatese kam mit Motivationsschwierigkeiten aus der Drittelpause. Im Gefühl des sicheren Vorsprungs ließ der Trainer eine Reihe von Leistungsträgern auf der Bank und gab der zweiten Reihe die Chance, sich vor dem Publikum zu beweisen. Abstimmungsschwierigkeiten bei der durcheinandergewürfelten Truppe und dann doch fehlender Wille, nochmal ganz hart in die Zweikämpfe zu gehen, führten zunächst zum Anschlusstreffer durch Eigentor und zum 3:2 nach einem blitzsauberen Konter, abgeschlossen durch Novaras Nummer 10 – der eizige, der beim Gastgeber gestern Normalform erreichte. Die Pausenansprache des Trainergespanns geriet durchaus etwas lauter – so darf man sich dem weit gereisten Publikum nicht präsentieren.
Hängende Köpfe in der Kabine
Offensichtlich fanden die Trainer die richtigen Worte und im letzten Drittel hängten sich die Gelbroten wieder ordentlich rein. Fulminantes Pressing über die gesamten 15 Minuten und der Wiedereintritt der Leistungsträger sorgten für eine Reihe von Torchancen gegen die sichtbar überforderten Novaresi. Kongeniale Sturmspitze Ale traf zum 4:2 und zum 5:2 ehe Mittelfeldmotor Leo – sehr bemüht aber etwas glücklos – eine seiner zahlreichen Torchancen mit einem präzisen Flachschuss ins lange Eck zum 6:2 Endstand verwandelte. Durch seinen enormen läuferischen Aufwand hatte der Junge sich das verdient.
Leo und Ale in Erwartung des Balls
Spaß beiseite: Ganz Europa befindet sich im Würgegriff des modernen Fußballs, Repressionen gegen Ultrà s und andere Unangepasste, durchgreifende Kommerzialisierung und Umwidmung der Stadien in kastrierte „Eventarenen“. Wirklich ganz Europa? Es ist schön, dass es eine Wirklichkeit jenseits des calcio moderno gibt. Hier bei den Kleinen findet Fußball statt, hier wird „Fußball“ noch als Spiel begriffen – als Freude an der Bewegung in freundschaftlicher Atmosphäre, ermöglicht von enthusiastischen Leuten, die ihre Freizeit damit verbringen, Kinder an die Magie des Ballspiels heranzuführen. Hier muss sich jeder Spieler nach einem Foul beim Gegner entschuldigen und diesem hochhelfen. Hier bilden sich Fahrgemeinschaften, um Benzingeld zu sparen. Hier schmeisst jeder eine Runde in der nahegelegendsten Bar. Hier nimmt man teil, weil man Freude am Fußball hat. Informiert euch mal, wann bei euch in der Nähe die ganz Kleinen ihre Meisterschaftsspiele austragen – die sind unendlich stolz und dankbar für jeden Zuschauer. Hier gibt es keine unmotivierten Spieler, Vertragsgerangel, Werbejingles, Logenplätze. Contro il calcio moderno!
Ramateses Verteidigung: Ezra völlig ausgepumpt, Ishma verärgert über die Paparazzi
8 Antworten auf „Wir sind Fußball!“
[…] kann man sich auf der PS3 Hellas Verona zum DreamTeam für die Champion’s League pimpen und die 10-jährigen bekommen ausgefeilte Taktikschulungen, tragen Adidas adiPower Predator TRX FG Control auf dem akkurat gepflegten Rasenplatz und imitieren […]
[…] als ob das nicht alles schon wahr, gut und schön genug wäre, plant man auch, eine Fussballschule für die Kleinsten zu schaffen, in der das gelebt wird, was sich zwar jede “scuola calcio” ins Statut […]
[…] als ob das nicht alles schon wahr, gut und schön genug wäre, plant man auch, eine Fussballschule für die Kleinsten zu schaffen, in der das gelebt wird, was sich zwar jede “scuola calcio” ins Statut […]
[…] Kakà -Shirts dem Ball hinterher jagen. Es gibt also hunderttausende Straßenfussballer und es gibt genügend Fußballschulen, so dass kein hoffnungsvoller Spieler jemals durchs Netz der Beobachter und Scouts rutschen kann. […]
Nicht nur das…der blondierte Ultrà ist zudem Napoletaner – das sagt ja schon alles. Der Leopard wurde sicher mit bloßen Händen erlegt und nun als Trophäe herumgetragen!
🙂 voll die roudies, diese ultras! besonders der etwas kräftigere mit den langen haaren. der blondierte ultra iss bestimmt der anführer. der tötet ja auch tiere. der leopard hats ihm aber bestimmt nich so leicht gemacht… über diese ultras!
Das sind original Ultrà -Abfangzäune. Da Ultrà s ja bekanntlich kleine Kinder fressen, sind die besonders bei Spielen der „Pulcini“ und „Piccoli Amici“ absolut notwendig. Leider ist es mir nicht gelungen, heimlich Aufnahmen von Wasserwerfern und Alfa-Romeo-Wannen zu machen – ich hatte ja genug zu tun, nicht zwischen die Rauchbomben und Napalm-Feuerwerke zu geraten!
wat für eine motivierte truppe! die ultras sind aber auch nich schlecht. zäune scheinen scheinbar für diese spezies sehr anziehend zu sein… wat soll ein fan auch sonst noch überwinden!