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Luca, Fan von Sambenedettese im Koma

Am 5. November spielte Sambenedettese in Vicenza. Ungefähr 600 Gästefans folgten ihrem Verein ins Romeo Menti-Stadion. Das Spiel geht 2:1 aus. Fans von Vicenza verabschieden die Fahrzeugkolonne der Gästefans auf dem Weg zur Autobahn mit Bengalowürfen. Es handelt sich um eine Straße ohne weitere Polizeipräsenz. Samb-Ultras steigen aus und nach einer kurzen Auseinandersetzung zwischen den Fanlagern, wobei unklar ist, ob es tatsächlich einen Kontakt gab oder die Fanszenen über die üblichen Beleidigungen und das Werfen von Dingen hinausgegangen sind. Die Polizei schreitet relativ zügig ein und drängt die Ultras von Samb zurück zu ihren Fahrzeugen. Zurück bleibt Luca Fanesi, 44 Jahre, am Boden liegend. Er wird mit vier Schädelfrakturen am Hinterkopf ins Krankenhaus gebracht, wo er seitdem im Koma liegt. Am Sonnabend wurde er operiert. Sein Zustand ist äußerst kritisch, Luca kämpft um sein Leben.

Die offizielle Version in den verschiedenen Regionalmedien entspricht der Darstellung der Polizei. Wie bereits bei Paolo Scaroni, der von einer Gruppe Carabinieri ins Koma geprügelt wurde oder Gabriele Sandri, dessen Tod sich kürzlich zum zehnten Mal jährte, änderte sich die offizielle Version bereits mehrfach. So soll Luca laut einem Polizeibericht gegen ein Tor gerannt sein, auch wenn eine Recherche von Picenonews angibt, dass es im betreffenden Areal überhaupt keine Tore gibt. Im Moment ist die offizielle These, er wäre auf dem nassen Asphalt ausgerutscht und auf den Hinterkopf gefallen. Allen bisher verbreiteten Versionen gemeinsam ist, dass die anwesenden Ordnungskräfte nicht beteiligt waren und niemand aus der Fanszene das so bestätigt.

Ein oft wiederkehrender Kommentar zu den offiziellen Darstellungen ist, dass hochauflösende Videoaufnahmen immer sofort verfügbar sind, wenn es darum geht, Verfehlungen der Fans nachzuweisen. Bei der Aufklärung von Verletzungen, die eventuell von Polizeikräften verursacht wurden, sind solche Mitschnitte generell nicht auffindbar. Antonio Speziale ging dies nicht anders, auch hier fehlen der Überwachungskamera genau die Sekunden des angeblichen Tatzeitpunkts.

Die Kurve von Sambenedettese hingegen unterstreicht, dass sie gesehen hätten, wie Luca von Schlagstöcken der Digos getroffen zu Boden gegangen sei. Es gibt – aufgrunde der Umstände – kaum Video- und Bildmaterial der Fans, das wenige wurde den Anwälten der Familie übergeben. In einem Anruf bei der Fernsehsendung „12esimo Uomo“ schildert Giorgio von der Curva Nord Sambenedettese, wie Zeugen von einem entsprechenden Polizeieinsatz berichten (auf italienisch, ab ca. 20’40“). Giorgio äußert zudem erhebliche Zweifel daran, dass sich jemand bei einem Sturz eine multiple Schädelfraktur in der beschriebenen Art zuziehen könnte. Luca selbst, beim Eintreffen im Krankenhaus noch bei Bewusstsein, äußerte, von Schlagstöcken niedergeschlagen worden zu sein.

Der Bruder von Luca, Massimiliano, Ex-Sportdirektor von Samb, ruft alle Einwohner von Vicenza, die etwas beobachtet haben könnten auf, ihre Beobachtungen, Fotos oder Videos an ihn zu schicken. Unterstützt wird die Familie von der Fanszene Vicenzas, die ihrerseits die Aktionen der Kurve von Sambenedettese unterstützen, ebenso die Familie Fanesi, die in der Neurochirurgie vom Krankenhaus San Bortolo von Vicenza um das Leben von Luca bangt.

Einstweilen äußert auch der Anwalt der Familie eine Inkompatibilität der festgestellten Verletzungen mit der Darstellung der Digos. Die Curva von Sambenedettese hat in der Zwischenzeit einen Aufruf in den sozialen Netzwerken gestartet und darum gebeten, dass alle Fanszenen auf den Fall aufmerksam machen sollen, damit entsprechenden Vertuschungsversuchen seitens der Institutionen keine Chance gelassen wird. Viele dutzend Kurven haben dem Aufruf Folge geleistet, ein entsprechendes Kommuniqué geteilt und eigene Spruchbanner in vielen Stadien und Städten platziert. Am Sonntag ist ein gemeinsamer Marsch von Samb und den befreundeten Fanszenen geplant. Weitere Aktionen sind angedacht.

Unabhängig von der Schuldfrage ist im Moment aber erst einmal wichtig, dass Luca überlebt und hoffentlich bald wieder in seiner Kurve stehen kann.

„Forza Luca, non mollare!“

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