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Ein Applaus für Nicola Ventola und sein Novara

Gestern Nachmittag um 16.00 Uhr (ein erster Applaus geht an die Liga-Verantwortlichen für den Termin) fand im ehrwürdigen San Siro ein Fußballspiel im einheimischen Pokalwettbewerb statt. Gegenüber standen sich der Drittligist Novara und der AC Milan. Am Ende gewinnt der AC Milan durch Tore von Inzaghi und Flaminì und zieht in die nächste Runde ein. Nothing to write home about, der TIM Cup wird ja in Italien seit jeher mit mäßiger Aufmerksamkeit bedacht und für Manschaften wie den AC Milan (und sein Publikum!) stellen solche Mittwochstermine eher eine notwendige Störung im Trainingsbetrieb dar. Und so stellt Trainer Leonardo auch eine auf gegenüber dem 3:0 Sieg Sonntag bei der „sehr alten Dame“ Juve auf 10 Positionen veränderte Mannschaft aus Spielern des Nachwuchsteams und Bankdrückern zusammen. Novara spielt toll und angstfrei auf und wird zwar verdient aber mit allen Ehren aus dem Wettbewerb entlassen – auch der Drittligist lässt seine beiden Stammstürmer auf der Bank, um sie für den Aufstiegskampf zu schonen.

Bemerkenswert fand ich die gestrige Partie aus anderen Gründen: Zunächst einmal fand ich es herrlich, mit welchem Enthusiasmus sich eine ganze Stadt in Bewegung setzt, um an einem kalten Nachmittag das eigene Team zu unterstützen. 13.000 der insgesamt ca. 15.000 Zuschauer kommen aus der piemontesischen Provinz und sorgen für einen veritablen Auswärtsvorteil: der Exodus der fröhlichen Truppe in die lombardische Hauptstadt erfolgt in Bussen, Autos und Zügen und gibt einen Eindruck, welche Emotionen das historische Ereignis für die Anhänger des kleinen Clubs aus der 100.000-Einwohner-Stadt auslöst. Ein schöner und sympatischer Support, der mir noch einmal vor Augen führt, dass es nicht immer ein Champions League-Finale sein muss, wenn man seine Manschaft liebt. Vor allem, wenn man seit 1955 kein Spiel der Serie A mehr bestritten hat.

Und so war – giustamente – das San Siro weitgehend in azurblau getaucht, der Farbe des Teams, das wie in den guten alten Zeiten von 1-11 durchnumeriert und ohne Namen auf dem Trikot antrat. Complimenti an die Mannschaft und ihre zahlreichen Fans, die mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Freude dem oft ungeliebten Cup seine Daseinsberechtigung einhauchten und das Spiel bis zur 81. Minute offenhielten. Noch mehr Komplimente an ihren Torwart Fontana, der besonders in der ersten Halbzeit eine Leistung ablieferte, die irgendwo zwischen Spiderman und Gianluigi Buffon zu seinen besten Zeiten lag. Unglaublich, dass der Mann (Ex-Torino) nur der Ersatztorwart ist!

Aber das allerdickste Kompliment geht an einen Spieler, der nicht einmal aufgestellt war: Nicola Ventola, alter Haudegen von Inter, Atalanta, Torino, Siena, Bari und Crystal Palace, der seit dieser Saison seine Karriere in Novara ausklingen lässt. Während sich Mannschaftskollegen und Publikum auf das vermutliche „Spiel ihrer Karriere“ vorbereiten, nimmt Ventola den Trainer beiseite und verzichtet auf seinen Platz im Team:

„Mister, io a San Siro ho già giocato. Scelga chi insegue questo sogno da una vita“
„Trainer, ich habe im San Siro schon gespielt. Stell jemanden auf, der diesen Traum sein Leben lang verfolgt.“

Schön, das es noch echten Fußball mit echtem Teamgeist ohne Eitelkeiten, Egoismus, Spielerberater und Kampf um mediale Aufmerksamkeit gibt. Einen Dank für diese schöne Geste nochmal auch von mir und alles Gute an Novara für den baldigen Aufstieg. Im Pokal habt ihr ja schon mit Siegen über die Serie A-Clubs Siena und Parma übererfüllt und habt dieses historische Spiel in der besten aller möglichen Weisen über die Bühne gebracht.

4 Antworten auf „Ein Applaus für Nicola Ventola und sein Novara“

Das mit nur einem Spiel ist ja auch in Italien erst neu. Irgendwann hat mal jemand gemerkt, dass es sich nicht lohnt, zwei Serie A-Jugendmannschaften vor 500 Zuschauern zweimal aufeinander loszulassen. Aber am schlimmsten finde ich, dass die Ansetzungen alle schon vorausgelost sind, dass also klar ist, dass Milan erst auf Novara und dann aller Wahrscheinlichkeit auf Udinese trifft. Genies am Werk!

das system der coppa italia verstehe ich überhaupt nicht. kann man vielleicht auch nicht verstehen. spanien mit seinen 2 spielen für einen ausscheidungskampf ist auch zu zeitaufreibend. den fa-cup, mit dem wechsel find ick jut aber am besten is et in D.

alter romantiker! hast aber wie immer recht.
mit den nummern von 1-11 ist wirklich wahr. bei gazzetta konnte man ja sehen, dass wir von 9 bis 84 alles hatten.

aber meine eintracht miersdorf würde auch zum olympiastadion pilgern, wenn hertha (muss aber 1.liga spielen) wartet.

a presto

Ist ja auch richtig so. Aber noch romantischer wäre es, wenn die Fans am schönsten Tag ihres Lebens ein volles San Siro sehen könnten. Oder warum nicht alternativ mal den gesunden Menschenverstand einsetzen und unterklassigen Mannschaften automatisches Heimrecht zugestehen?

Aber für Miersorf seh ich schwarz. Ich fürchte, die müssen nach Hamburg oder Dortmund pilgern für nen Erstligisten…

con il pugno chiuso!