Venedig ist eine wunderschöne Stadt. Die ganze Welt ist dieser Meinung und so setzt sich die halbe Welt jedes Jahr in Bewegung, um die „Serenissima“ zu besuchen. Es gibt günstige Flüge nach Venedig, per Bahn kommt man bis Venezia Santa Lucia und trotz der Widerstände gegen große Kreuzfahrtschiffe kommt man auch per Schiff ganz gut auf die Insel. Was natürlich zu meinem eigentlichen Problem führt: 270.000 Einwohnern stehen knapp 4 Millionen Touristen gegenüber. Man hat also die Wahl, die Stadt nachts zwischen 3 und 4 Uhr zu erkunden oder man wird unweigerlich von Menschenmassen durch die Gassen geschoben. Ich bin jetzt nicht wirklich ein ausgemachter Frühaufsteher und wenn ich mich zeitweise unter Menschen mischen muss, dann brauche ich zwingend einen ruhigen Rückzugsort. Insofern war unser Plan, außerhalb der Stadt zu wohnen und Venedig selbst gemütlich mit der Fähre zu besuchen.
Wo wohnen?
Und genau das ist keine schlechte Idee gewesen, wie sich herausstellen sollte. Wir fuhren auf der A57 einfach an den Ausfahrten Richtung Venezia/Mestre vorbei in Richtung Triest und fuhren an den Hinweisschildern für „Lido di Jesolo“ ab. Der Trip war zwar genau Null vorbereitet, aber ich konnte mich noch erinnern, dass besagter Strand von Jesolo auf der Venedig vorgelagerten Landzunge liegt. Und genau dort wollten wir nächtigen, den Strand besuchen und dann schauen, wie man in die Stadt kommt. Und genau das funktionierte ergreifend gut: man durchfährt Jesolo, Lido di Jesolo und findet sich in Richtung Cavallino auf der SP42 in Richtung „Punta di Sabbioni“. Weiter geht es nicht, man kann also nichts falsch machen. Auf der linken Straßenseite finden sich jede Menge Hotels, Campingplätze und sonstige Übernachtungsmöglichkeiten, die oft direkt am Adriastrand gelegen sind. Ein solches Hotel machten wir in Cavallino aus, Sie können aber auch gern weiter fahren.
Wie komme ich hin?
In Punta Sabbioni befindet sich der Fähranleger und jede Menge Parkplätze. Wenn Sie kostenlos parken wollen, dann sollte man vermutlich einen Bus dorthin nehmen, ansonsten sind die Stellflächen alle mit Schranke versehen bzw. blau umrandet, man muss also bezahlen. Ich würde davon abraten, sich einfach hinter irgendwelche sonstwo geparkten Autos mit italienischem Kennzeichen zu quetschen. Es wäre nicht völlig überraschend, wenn die Tarifstruktur der örtlichen Polizei Touristenautos mit deutschem Kennzeichen anders behandelt, als Pendler auf dem Dorf. Und so ganz schlecht ist das ja auch nicht. Kurzum, man kauft sich eine Fahrkarte für die Personenfähre („andata“ = „Hinfahrt“, „ritorno“ = „Rückfahrt und das Ganze: „andata e ritorno“) und besteigt die mindestens alle halbe Stunde ablegende Boote. Das kostet als Teil des kommunalen Nahverkehrs recht wenig und außerdem nähert man sich der Stadt auf dem schönsten möglichen Weg, übers Wasser und sieht dabei schon eine Reihe der Nebeninseln. Wenn es Sie auf die Hauptinsel zieht, wie ich vermute, so achten Sie einfach auf „San Marco“ bzw. den gleichnamigen Palast oder steigen einfach dort aus, wo die Japaner es tun.
Von hier aus können Sie bestens die Sehenswürdigkeiten zu Fuß erkunden, die Basilica di San Marco, der Palazzo Ducale oder die Rialtobrücke sind bewuem zu Fuß erreichbar, Sie können eine Gondel mieten oder mit der Fähre weitere Inseln besuchen. Für spezielle Tipps zum Venedig-Besuch gibt es dann Reiseführer, Websites und Freunde, die schonmal da waren. Ich will mich gar nicht zu sehr darüber auslassen, wir waren nur einen Tag dort und der reichte gerade so, die wichtigsten Dinge wenigstens von außen zu sehen und dabei schlechte Fotos davon zu machen. Was allerdings nicht selbstverständlich ist, war dass wir ohne Abzocke, Diebstahl und exorbitante Preise zu zahlen, zurückgekommen sind. Hierfür gebe ich gern ein paar Tipps weiter, die ich in 45 Jahren auf der Welt herumreisen und knapp 20 Jahren in Italien leben so zusammengetragen habe:
Tipps & Tricks
- Gehen Sie Essen, wo auch die Italiener essen gehen. Viele Restaurants sind rein touristisch betrieben und abgesehen von vielleicht einer tollen Lage, sind diese ganz grundsätzlich nicht empfehlenswert. Pizza mit Salami oder Spaghetti Bolognese gibt es in Deutschland besser und günstiger. Schauen Sie also, wo die paar Einheimischen sitzen, am besten macht man das Mittags und achtet dabei auf Bauarbeiter. Die sind die wahren Gourmets in Italien und legen auch weite Strecken zurück, um ein ordentliches Essen zu einem guten Preis zu bekommen. Üblicherweise müssen Sie dafür nur kurz von einem der Touristen-Highways abbiegen. Vertrauen Sie nicht irgendwelchen „Insider-Tipps“ aus Reiseführern: Wenn das da so steht, ist es kein Insider-Tipp mehr und Sie werden sich zwischen Tante Inge aus Castrop-Rauxel und einem chinesischen Reisebus wiederfinden.
- Gleiches gilt für mal eben schnell einen Kaffee an der Bar trinken oder Eis essen. Für den Espresso werden teils absurde Preise aufgerufen, trotzdem würde kein Venezianer auf die Idee kommen, mehr als einen Euro zu bezahlen. Biegen Sie also in eine Seitengasse ab, in der wenige Menschen sind, betreten Sie eine Bar und ordern Sie einen „caffé“, keinen Espresso. Wenn Sie nicht gerade mit Pepita-Hut und Bauchtasche erscheinen, besteht eine gewisse Chance, dass Sie Ihren Espresso zum gesamtitalienischen Standardpreis bekommen. Ordern Sie kein Eis in Läden, die keine aussagekräftige Speisekarte ausstellen, es kann hier wirklich böse Überraschungen geben.
- Wasser. Wenn Sie die Stadt nicht gerade im November besuchen (empfehlenswert!), dann könnte es sehr heiß werden. Für uns war das so und bei knapp 40 Grad im Schatten, stellt sich die Wasserfrage regelmäßig. Wenn Sie keine Lust haben, für das Fläschchen 3-5 Euro zu löhnen, dann achten Sie bitte nicht auf die Hinweisschilder „acqua“ oder „hier frisches Wasser“, sondern schauen einfach in die Kühlschränke der hiesigen Dönerläden. Irgendwie ist man dort ungewillt, am ganz großen Rad zu drehen und so bekommt man dort die kleine Flasche für 50 Cent, die große für 1 Euro. Normalerweise weist ein handbeschriebener bunter Zettel am Kühlschrank auf diesen Umstand hin.
- Ansonsten das Übliche: Achten Sie auf Ihre Handtasche, tragen Sie die Brieftasche am Körper und handeln Sie bei Straßenhändlern. Mein Sohn beispielsweise wollte eine Sonnenbrille. Das Teil sieht aus wie eine Ray-Ban, und die vom Verkäufer aufgerufenen 40 Euro sollten wohl so eine Art anzahlung für eine echte Ray-Ban dienen. Nach fingierten Streitgesprächen und mehrmaligem Weitergehen pendelte sich der Preis bei sozialverträglichen 8 Euro ein. Davon kann der Händler immer noch prima leben, schlimmstenfalls schlägt er beim nächsten Amerikaner einfach was drauf. Das soll ja nicht Ihre Sorge sein.
Und so haben wir einen ganz hervorragenden Tag in Venedig verbracht, haben genauso viel ausgegeben, wie zu Hause auch und sind am Abend ganz entspannt mit der Fähre wieder auf unsere Landzunge zurück.