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Jeden verdammten Sonntag!

Morgen ist der letzte Spieltag der Serie A. Inter oder Roma wird den Scudetto gewinnen, Milan oder Fiorentina werden nächste Saison in der Champions League spielen und außer Livorno werden noch zwei Mannschaften absteigen. Zeit, einmal an die wichtigen Dinge zu erinnern. Den Tifosi der Roma wird verboten, ihre Mannschaft nach Catania zu begleiten und in ausgleichender „Gerechtigkeit“ dürfen auch die Fans von Inter nicht nach Parma, um mit ihrer Mannschaft die Meisterschaft zu feiern. Ich hoffe, niemand wundert sich angesichts solcher Provokationen seitens einer zum Erbrechen selbstherrlichen Staatsmacht mehr über die jedes Jahr mehr angespannte Situation in den Stadien, über gewalttätige Ausschreitungen oder einen eisernen Zusammenhalt derjenigen, die vom „modernen Fußball“ in die Ecke der Störenfriede geschoben werden.

Ich könnte es nicht besser ausdrücken, als es die Boixos Terracina schon 2006 so wunderschön auf ihrer Homepage veröffentlicht haben (EDIT: Die Seite der Boixos Terracina ist tot und ich hab den Link rausgenommen. Schade!). Das war vor Sandri, vor Raciti, vor erniedrigenden Einlaßkontrollen und vor personalisierten Stadiontickets. Ich nehme mir die Freiheit, diesen kleinen, wahren Text einmal zu übersetzen und einer deutschen Leserschaft vorzustellen.

JEDEN VERDAMMTEN SONNTAG!
“Ci sedemmo dalla parte del torto,
perché tutti gli altri posti erano occupati”
(B. Brecht)

Es geschieht jeden verdammten Sonntag, jedes verdammte mal, das wir uns einen Schal umlegen, in einen Reisebus steigen, eine Flagge schwenken, einen Chor brüllen, uns über ein Tor freuen, eine Niederlage beweinen…
Es geschieht jedesmal an diesem verdammten Tag…
dass wir uns einem auf uns gerichteten Finger gegenübersehen, unter dem angeekelten Blick desjenigen, der sich dem Abschaum, dem Bodensatz gegenübersieht, die passenden Worte immer schon zurechtgelegt, die uns daran erinnern, dass wir die Unangepassten sind, die Rowdies, die Unterdrückten… Jeden verdammten Sonntag!
Un nun bleibt uns nichts anderes als uns auf die Seite des Unrechts zu setzen, wohl wissend, dass die Wahrheit immer auf der uns genau gegenüberliegenden Seite beheimatet ist. Das wissen wir und wir machen es trotzdem. Das wissen unsere Eltern, das wissen unsere Freundinnen, das wissen unsere Kumpel, das wissen unsere Chefs… WIR SIND DAS UNRECHT!
Wenn es dies braucht, damit sie sich beruhigt fühlen, um nicht an die wirklichen Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft zu denken, um den um sich greifenden sozialen Niedergang und die Zerstörung der Umwelt nicht mehr wahrzunehmen; wenn dies ihnen hilft, ihr beflecktes Gewissen zu reinigen… gut, greifen Sie ruhig zu, wir sind stolz darauf, auf der falschen Seite zu stehen. Aber sie erwarten von uns keine Erklärungen, sie fragen nicht, warum wir das tun, sie fragen nicht, warum wir das wohlverdiente Ausruhen ausschlagen, die öden Sonntage auf dem Sofa, die dampfende Lasagne, den Fernsehzirkus. Sie fragen das nicht, weil sie keine Antwort bekämen!
Uns interessiert es nicht, irgendwelche Erklärungen zu liefern, weil es nichts zu erklären gibt, nichts, was von ihren umnebelten Gehirnen verstanden werden könnte, verkalkt von der Indoktrination des Fernsehens, der akademischen Debatten und der politischen Einflußnahme. Sie können das niemals verstehen und wir werden ihnen es nicht erklären.
Das was wir an diesem verdammten Tag empfinden, liest sich in keiner Zeitung, wird von keinem TV-Kanal übertragen, keine Reality Show würde jemals ausreichend wirklichkeitsnah sein, dies wiederzugeben, kein berühmter Sänger würde jemals die richtigen Worte finden, es auszudrücken, kein Dichter hat einen Reim, dies hervorzuheben.
Was wir empfinden ist unser und gehört allein uns. WIR SIND DAS UNRECHT! Unser Unrecht ist, Freunde zu sein und vor allem Kameraden in diesem Abenteuer, unser Unrecht ist, etwas zu lieben, das unsere Gefühle nicht erwidert, unser Unrecht ist, zu teilen, unser Unrecht ist, etwas zu schaffen, unser Unrecht ist, Widerstand zu leisten, unser Unrecht ist, es herauszuschreien, unser Unrecht ist, etwas zu tun, ohne auf eine Gegenleistung hoffen zu dürfen, unser Unrecht ist, zu versuchen zu leben… und dies ist für unsere Gesellschaft eine unauslöschliche Schande!
Ihr habt uns nur diesen Platz freigelassen und wir haben ihn uns genommen.
HERZLICH WILLKOMMEN LIEBES UNRECHT, WENN DIE DAS WAHRE SIND!
Die Texte, die auf dieser Seite veröffentlicht werden, haben überhaupt keinen Anspruch, sie wollen niemanden verherrlichen, wollen überhaupt niemandem irgendetwas erklären…sie sind einzig die Beschreibung eines Versuchs, sie sind nur die Geschichte desjenigen, der keine Stimme hat und wann sie ihm zugestanden wird, kann er sie trotzdem nicht erheben, weil er sie verloren hat. Nehmt diese Texte für was sie sind und wenn sie euch gefallen heißt das, dass auch ihr Unrecht habt…ihr könntet welche von uns sein.

Modernista

Ich für meinen Teil bin stolz, auf der Seite des Unrechts zu stehen. Und in der Tat: Wenn zusammengestümperte Krawallberichte über Blitzknaller in Fankurven eure Wahrheit ist, Logenplätze mit Lachshäppchen, deren Bewohner sich erst eine Viertelstunde nach Spielbeginn nach draußen bequemen, dreifache „Sicherheitskontrollen“ wenn ich mit meinem achtjährigen Sohn ein Fußballspiel besuchen will, Auswärtsfahrtverbote für die entscheidenden Saisonspiele – dann mache ich es mir auf der Seite des Unrechts gern bequem.

Und um wenigstens ein eigenes Zitat beizusteuern: „A very few, as heroes, patriots, martyrs, reformers in the great sense, and men, serve the state with their consciences also, and so necessarily resist it for the most part; and they are commonly treated as enemies by it.“ (Henry David Thoreau: On Civil Disobedience)

Original:

OGNI MALEDETTA DOMENICA!

„Ci sedemmo dalla parte del torto,
perché tutti gli altri posti erano occupati“
(B. Brecht)

Succede ogni maledetta domenica, ogni maledetta volta che indossiamo una sciarpa, saliamo su un pullman, sventoliamo una bandiera, urliamo un coro, gioiamo per un gol, piangiamo per una sconfitta…

Succede sempre quel maledetto giorno…

Ce li troviamo di fronte con il dito puntato, con lo sguardo disgustato di chi si trova dinanzi a della feccia, con la frase di circostanza sempre pronta che ci ricorda che siamo dei disadattati, dei teppistelli, dei repressi…

Ogni maledetta domenica!

Ed allora non ci rimane che sedere dalla parte del torto consapevoli che la ragione è sempre dalla parte opposta alla nostra. Lo sappiamo e comunque lo facciamo.

Lo sanno i nostri genitori, lo sanno le nostre fidanzate, lo sanno i nostri amici, lo sanno i nostri capi…NOI SIAMO IL TORTO!

Se questo deve servire a farli sentire tranquilli, a non pensare a quali siano i mali della nostra società, a non vedere il degrado sociale e ambientale che ci circonda; se questo serve loro a pulire le loro ignobili coscienze…bene, si accomodino pure, siamo lieti di essere noi la parte sbagliata.

Ma che non ci chiedano spiegazioni, non ci chiedano perché lo facciamo, non ci chiedano perché rinunciamo ai sospirati riposi, alle tediose domeniche sulla poltrona, alle lasagne fumanti, al circo televisivo. Non ce lo chiedano perché non avranno risposta!

Non ci importa di dare alcuna spiegazione perché non c’è nulla da spiegare, nulla che possa essere inteso dalle loro menti ottuse, rimbambite dall’indottrinamento televisivo, accademico e politico. Non potranno mai capire e noi non glielo spiegheremo.

Quello che proviamo noi quel maledetto giorno non si legge in alcun giornale, non è trasmesso da nessun canale televisivo, nessun reality sarà mai abbastanza vero per poterlo rappresentare, nessun cantante famoso troverà mai le parole per descriverlo, nessun poeta ha una rima per esaltarlo. Quello che proviamo è nostro e solo a noi appartiene.

NOI SIAMO IL TORTO!

Il nostro torto è essere amici e soprattutto compagni di avventura, il nostro torto è amare qualcosa che non ci contraccambia, il nostro torto è condividere, il nostro torto è creare, il nostro torto è opporci, il nostro torto è urlarlo, il nostro torto è fare qualcosa senza un tornaconto, il nostro torto è provare a vivere…e questo per la nostra società è un’onta indelebile!

Ci avete lasciato solo quella parte libera e noi ce la siamo presa.

BEN VENGA IL TORTO SE LA RAGIONE SONO LORO!

Le pagine che verranno pubblicate in questa sezione non hanno nulla di pretenzioso, non vogliono esaltare nessuno, non vogliono far capire proprio nulla a chicchessia…sono solo la descrizione di un tentativo, sono solo la storia di chi non ha voce e quando gli viene concessa non ce l’ha lo stesso perché l’ha persa. Prendetele per quelle che sono e se vi piacciono allora significa che avete torto…….potete essere dei nostri.

MODERNISTA

11 Antworten auf „Jeden verdammten Sonntag!“

Naja, jetzt mal langsam mit die wilden Pferde. Natürlich haben Medienbestrahlung und politische Einflußnahme einen gewissen Einfluß, dass sie allein Schuld wären, wird ja wohl niemand ernsthaft behaupten wollen.

Und der in der Tat zu beobachtende Rechtsruck in den Kurven ist auch so ein kaum getrennt von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zu betrachtendes Problem. Ich weiß nicht, in wie vielen italienischen Kurven Du schon standst, aber einer gesamten Kurve eine kriminelle Gang-Mentalität zu unterstellen, finde ich jetzt auch ein bissel sensationsheißerisch, das gilt so generell ja nicht mal für die Lazio-Kurve. Aber natürlich ist der Rechtsruck ein Problem, ich gebe aber mal zu bedenken, das Repression eine Gewaltspirale erzeugt:

Nimm ein paar hundert testosterontriefende junge Männer aus der unteren Mittelschicht und lasse sie jeden Sonntag am Stadioneingang filzen, in vergitterten Wannen verspätet zum Stadion fahren, nimm ihnen Megaphone, Fahnen, Bengalos und Banner weg, gib ihren capos Stadionverbot, verbiete Auswärtsfahrten einen Tag vor dem Spiel, sorge für verspäteten Einlaß und haue ihnen ab und zu mal nen ordentlichen Schlagstock ins Kreuz und ab und zu wird auch mal einer abgeknallt. Dann stell dich vor die Jungs hin und sage: „Kameraden, habt ihr gemerkt, dass die Staatsmacht uns behandelt wie ein Krebsgeschwür und der Verein, für den wir seit Jahren jedes Wochenende durchs Land fahren, uns hängen lässt und loswerden will?“ Und dann sprichst Du noch ein bisschen von Sozialleistungen für Einwanderer und von Ungerechtigkeit und du hast eine schlagkräftige, stramm organisierte, angstfreie und absolut treue Mannschaft zusammen, die du prima für deine Zwecke manipulieren kannst…

Erstmal vielen Dank für die Übersetzung, interessanter Text!

Doch sind wirklich die

„Indoktrination des Fernsehens, der akademischen Debatten und der politischen Einflußnahme“

allein schuld am Niedergang der italienischen Ultra-Bewegung?

Was ist denn aus der viel beschworenen kreativen „mentalità ultrà“ geworden, die sich immer mehr in eine (politisch) rechte und vor allem rein kriminell-orientierte Gang-Mentalität gewandelt hat (siehe etwa Lazio, Rom oder Juve).

Ultra ist eben auch nur die Form der Fankultur, welche mit Inhalten gefüllt werden muss – wenn dass nicht die wahren Fans tuen, dann werden auch in Deutschland tumbe Hools, Nazis und Kriminelle die Szene übernehmen.

In diesem Sinne: Gegen den modernen Fußball – Wir sind die Bekloppten!

PS:Würde „compagni“ übrigens eher mit „Brüder“ übersetzen, „Kameraden“ hat im Deutschen einen etwas anderen Klang.

krasser text. passt aber ziemlich gut. beim letzten auswärtsspiel in der oberliga (!) in greifswald sahen wir uns, als wir aus dem bus stiegen einer armada von ca. 8-10 wannen + inhalt gegenüber. die waren mindestens doppelt soviel, wie wir. außerdem waren die mehrzahl der leute im bus rentner über 60. für uns – die circa 20 terroristen – wurde dieses grüne meer aufgefahren… war auf jeden fall ein schöner lacher! und, die mannschaft hat trotzdem verloren!