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Kakàs Abschiedsspiel

Gestern Abend trafen sich Milan und die Fiorentina aus verschiedenen Gründen: Rein sportlich ging es natürlich zwischen den zwei Teams um einen Platz unter den ersten vier, also die Champions-League-Qualifikation. Außerdem war es die erste Wiederkehr des Ex-Srossoneo Alberto Gilardino. Völlig abgesehen davon, dass es auch das erste Spiel des Medienphänomens Beckham im heimischen San Siro war. Und selbstverständlich interessierte sich niemand für Gilardino, Beckham oder das Resultat. Fast kontinuierlich intonierte die Curva – häufig unterstützt durch die Tribünen – ein „Non si vende Kakà“ (Kaka verkauft man nicht) für ihren Superstar. Nach Abpfiff umarmte das brasilianische Ausnahmetalent seine Mitspieler unter einem donnernden „Galliani vendi il tuo figlio“ (Galliani verkauf deinen Sohn). Wohlgemerkt, derselbe Galliani, mit dem auf der Weihnachtsfeier noch gemeinsam lustige Lieder gesungen wurden!

Ich will mich gar nicht weiter auslassen über den möglichen Verkauf Kakàs an die Scheichs von Manchester City, das mache ich, wenn der Vertrag unterschrieben ist. Als Fan bricht es mir das Herz, Schlüsselspieler wie Kakà haben einfach keinen Preis. Als Großklub mit einer ungesunden Ausgabestruktur in Zeiten wirtschaftlicher Krise darf ein Angebot über x Fantastilliarden Petrodollars natürlich nicht so ohne weiteres abgelehnt werden. Und als objektiver Beobachter versuche ich, kohärent zu sein: Wenn der von Berlusconis Reichtümern profitierende AC Milan in Brasilien oder Italien wildern geht und sich qua überlegener Finanzkraft die grössten Talente sichert und zum meistdekorierten Fußballklub des bekannten Universums aufsteigt, dann ist das natürlich völlig in Ordnung. Genauso in Ordnung, wie man lernen muss, dass das Spiel auch in die andere Richtung geht und wenn jemand noch reicheres kommt, dann müssen auch wir Federn lassen. Bis auf wenige Ausnahmen ist niemand der aktuellen Milan-Spieler in der eigenen Jugendmannschaft groß geworden. Und bei jedem einzelnen hat unser Kauf irgendwo da draußen Herzen gebrochen und Tränen verursacht.

Denkbar ist ja auch noch ein weiteres Szenario: Kakà hat ja bis jetzt bei jeder Anfrage von irgendjemandem seinen Vertrag verlängert und das Gehalt signifikant erhöht bekommen. D.h. jedes halbe Jahr haben Chelsea oder Real angeklopft und pünktlich kam sein Papi Bosco Leite in der via Turati vorbei und hat gesagt: „Ja, Kakà ist natürlich Milans Lichtgestalt und bleibt hier, wenn…“ Und jedesmal gab’s eine nette Erhöhung. Es ist natürlich nicht völlig ausgeschlossen, dass sich Papa Kakà diesmal schlicht und einfach verzockt hat: ManCity klingelt und bietet, Papa Kakà geht in die via Turati und sagt: „Ricky bleibt natürlich, wenn…“ – und da antwortet Berlusca: „Wenn du gehen willst, dann geh doch“.

Ist nur ein Gedankenspiel, aber das würde natürlich erklären, dass er einigermaßen verstört reagiert hat, sich beschwert, dass er „nicht mehr unverkäuflich“ ist, es erklärt seine Aussagen a la „Ich will hier alt und Kapitän werden“ und es erklärt das fiebrige Warten auf ein Angebot von Real Madrid…denn eines will Kakà wirklich nicht: zu City gehen müssen. Scheint dann aber drauf hinaus zu laufen: Chelsea kauft nix mehr, Real schaut sich das Drama von Außen an und City sind die einzigen, die was konkretes auf dem Tisch haben.

Wenn diese Spekulation (wie gesagt, nur ein Denkmodell) wahr ist, dann könnte Berlusca als der absolut strahlende Gewinner aus der Aktion hervorgehen: Kakà hat sich verzockt und kriegt keine Gehaltserhöhung, Kakà geht nicht zu City weil er das auf keinen Fall will, niemand anderes bietet wie erhofft und Kakà bleibt bei uns. In diesem Fall (und nur dann) würde ich den Hut vor Berlusca ziehen! Eine weitere Gehaltserhöhung für jemanden, der bereits 9+1 Mio pro Jahr einstreicht ist grotesk. Und wenn Kakà 15 Mio angeboten bekommt, dann geben sich die verschiedenen Dinho (4 Mio), Pato (2 Mio), Ambro (1,5 Mio?) usw. auch nicht mehr zufrieden. Also wenn Kakà es ernst meint mit seinen Treueschwüren, dann ist jetzt der Moment, den Mund aufzumachen und zu sagen: „Ich bleibe hier!“ Denn bei allen Theorien: Gegen seinen Willen werden wir Kakà sicher nicht verkaufen.

Wenn es denn aber sein muss: Mach’s gut, Ricky, und danke für alles, was Du für uns getan hast.

Bessere (lesbare) Bilder von den Bannern und dem Protestmarsch finden sich auf der Website der Brigate Rossonere und noch besser lesbare Bilder der einfallsreichen striscioni sind zum Beispiel hier.

9 Antworten auf „Kakàs Abschiedsspiel“

Ciao Kai il tuo blog è veramente bello ti rispondo solo adesso perchè il mio pc è guasto piu o meno i bambini hanno scattato le stesse immagini comunque o sentito che kaka è rimasto colpito dal cuore dei tifosi ma sopratutto dai bambini incontrati nel dopo partita con la fiorentina e per questo motivo a deciso di rimanere non so se sia vero comunque mi piace pensare che forse per una volta il dio denaro è arrivato secondo!!!!!!
ciao
marco

Uè guagliò! Si, hai ragione, anche a me piace pensarci così. È un bravo ragazzo e la tifoseria (e certo, sopratutto i bambini nel dopo partita! 😉 ) avrà avuto qualche effetto. Infatti, io non pensavo mai che lui volesse andare – ha un sacco di soldi e giocare per una squadra da costruire non mi resulta proprio per un giocatore della sua età e del suo livello. Era la società a cui non avrebbero dispiacuti i 130 mio euro, ma per vie del immagine pubblico… Mettiamo che a 19 mio di euro ci avremmo pensato su un po anche noi, eh?

Ciao Kai

PS: Ci potresti mandare le foto di Ronaldinho? Visto che l’abbiamo scattato solo da dietro? Grazie

OK – und danke für die Erhellung, wusste ich wirklich nicht. Und das ist dann der Moment, in dem ich mich endgültig nur noch dem Amateurfußball zuwende. Wirklich funktionierende Fanszenen gibt es hier in Italien ja fast nur noch ab Serie C abwärts und selbst dann nur im Süden. Das Fußballgeschehen ist korrupt, nicht nachvollziehbar und wird journalistisch nicht aufgearbeitet. Richtig Spaß hab ich bei den Meisterschaftsspielen und Tournieren der „Pulcini“ und „Primi Calci“, da begreift man Fußball noch als Spiel, auch die paar „Fans“ haben Spaß und am Ende spielt es keine Rolle, wer gewonnen hat, weil Geld gibt’s nicht zu verteilen. 😉

Der Fußball nimmt schon einen komischen Weg, wenn ein englischer 08/15-Verein, der aktuell gegen den Abstieg spielt, mal eben so locker den Star eines wirklich großen Klubs abwerben kann. Und das alles nur, weil der eigene Klub mit fremden Geld zugeschissen wurde.

Ja, das ist moderner Fußball in Reinkultur und ein schönes Beispiel für alles das, was ich an ihm hasse. In ein paar Jahren haben wir das amerikanische Modell, dass sich ein Investor einen Club kauft und ihn in eine andere Stadt umsiedelt.

Kakas Abschiedsspiel im San Siro…

Gestern Abend trafen im neblig-kalten San Siro der AC Milan und die Fiorentina aufeinander. Es war vermutlich der letzte Auftritt des brasilianischen Superstars für die Rossoneri und so überstrahlte die hoffende Ungewissheit die Tatsache, dass es auc…