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Das Spiel, mit dem der Krieg begann

13. Mai 1990, Maksimir Stadion, Dynamo Zagreb – Stella Rossa. Der Abgesang auf das alte Jugoslawien zwischen zwei Mannschaften, die lange Jahre an der Spitze des jugoslawischen Vereinsfußballs standen. Kurz vorher, am 6. Mai, hatte Franjo Tuðmans „Kroatische Demokratische Union“ den zweiten Wahlgang gewonnen und mit ihr die Vorstellung, besonders in Slowenien und Kroatien, Titos Jugoslawien neu zu organisieren. Verfechter des Status Quo waren die Serben mit Slobodan MiloÅ¡evics Sozialistischer Partei. Das Risiko ethnischer Spannungen in Titos Vielvölkerstaat war bei den ersten post-kommunistischen Wahlen bereits mit den Händen greifbar.

So kamen zu der fußballerischen Rivalität noch nationalistische Spannungen, als sich ca. 3.000 Delije unter Führung von Željko Ražnatovic – später besser bekannt als Kriegsverbrecher Tiger Arkan – nach Zagreb aufmachten. Provoziert durch Steinwürfe seitens der heimischen Bad Blue Boys begannen die in ihrem Sektor isolierten serbischen Fans zunächst damit, Werbetafeln umzutreten und die Heimfans mit „Zagreb ist serbisch“ oder „Wir werden Tuðman töten“ zu provozieren, um dann mit Messern und Sitzschalen anzugreifen. Die mehrheitlich serbischen Polizeitruppen ergriffen schnell die sich bietende Möglichkeit, die Heimfans aus Zagreb (!) mit Tränengas und Schlagstöcken anzugreifen. Als die Bad Blue Boys sich nicht mehr in ihrem Block halten ließen und auch den Platz stürmten, um die Delije zu erreichen, degenerierte die Situation auf dem Spielfeld. Man forderte paramilitärische Eingreiftruppen in Anti-Riot-Montur an, die mit Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen an den mehr als einstündigen Auseinandersetzungen in- und außerhalb des Stadions teilnahm. Am Ende des Tages zählte man hunderte Verletzte, durch Schusswunden, Messerstiche und Tränengas.

Mehrere Spieler von Dynamo blieben verletzt auf dem Spielfeld zurück, während es den Spielern von Stella Rossa gelang, sich in die Kabinen zu flüchten und später in einem Militärhubschrauber das Stadion zu verlassen. Auf dem Foto ist Zvonimir Boban, der den Polizisten Refik Ahmetovic tritt, der auf einen Fan seines Teams einschlug. Kurzes zögern, ein paar Schritte zurück, Anlauf und Polizist auf dem Boden. Er wurde deswegen vom jugoslawischen Fußballverband zu einer mehrmonatigen Sperre verurteilt, aber Aufgrund der Aktion zu einer Art kroatischem Nationalheld erklärt.

„Ich kann nur sagen, dass ich auf eine große Ungerechtigkeit reagiert habe, so eindeutig, dass man (…) nicht einfach unbeteiligt dastehen und nicht darauf reagieren konnte. (…) Sicherlich gab es auch von meiner Seite Provokationen, bevor der Polizist mich angriff und ich es ihm zurückzahlte.“

Das Spiel ging als Vorgeschmack des jugoslawischen Bürgerkriegs in die Geschichte ein. Die beiden Symbolfiguren dieser „Partie“, Dejan Savicevic und Zvonimir Boban, fanden sich zweieinhalb Jahre später beim AC Milan wieder. Trotz großen gegenseitigen Respekts waren die beiden Starspieler beim Thema Jugoslawien nie einer Meinung. Das niemals angepfiffene Spiel bedeutete das Ende der jugoslawischen Liga, nach der Saison 1990/91 verließen slowenische und kroatische Clubs die Liga, am Ende der darauf folgenden Saison zerfiel das Land endgültig.

9 Antworten auf „Das Spiel, mit dem der Krieg begann“

und was hat den bbb ihr nationalistischer kampf für „unabhängigkeit“ gebracht? die repression sind heute krasser als zu jugo-zeiten. sie sind in den krieg gezogen um teilweise ihr leben zu opfern, damit korrupte gestalten wie mamic & konsorten den aktiven szenen in kroatien heute das leben zur hölle machen. na „herzlichen glückwunsch!“ 🙁

1.500 Delije und die dinamo Fans oberhalb des Auswärtssektors haben mit Sicherheit keine Steine geschmissen-das waren Normalos die da standen und später von den Delije angegriffen wurden.
Interessant ist, daß der angegriffene Polizist (ein bosnischer Moslem) 15 Jahre später im BBB Fanzine sagte man gab ihm von den Kollegen den Befehl auf Boban zu schießen was er allerdings verweigerte…… !

Sorry, ich hab die 3.000 Delije aus zwei Artikeln zum Thema, wenn es nur 1.500 waren, korrigiere ich mich, ich war ja nicht dabei. Soweit ich weiß, haben sich Boban und Ahmetovic ja auch wieder versöhnt, das mit dem Schießbefehl wusste ich so auch nicht. Danke!

Ja, das stimmt, Boban hat sich Jahre später mit ihm getroffen und da haben sie das ganze aus der Welt geschafft. Ich denke Zvone wusste insgeheim daß ein anderer Bulle an der Stelle mit Sicherheit nicht gezögert hätte zu schießen. Das muss man sich mal vostellen : Boban hatte damals schon in etwa den Stellenwert eines Podolski, Müller oder Schweinsteiger in Deutschland. Ein junger, sehr talentierter Nationalspieler der einer der Stars der Saison war. Sehr respektiert und beliebt als Fußballer und das nicht nur in Zagreb. Den hätten die vor laufenden Kameras eiskalt abgeknallt.