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AC Milan verkauft Kakà

So, es ist raus, heute Nacht kommunizieren der AC Milan und Real Madrid offiziell, das Ricky Kakà ab sofort die camiseta blanca tragen wird. Im Raum stehen 65 Millionen Ablösesumme und 9 Millionen netto für den Spieler, offizielle Zahlen wurden nicht veröffentlicht.

Galliani: A proposito: il rinnovo di Kakà? „Arriverà presto. Comunque ribadisco: dovranno tagliarmi la mano, ma non firmerò mai per la sua cessione„.
„Sie müssen mir die Hand abschneiden, denn ich werde niemals seinen Verkauf unterschreiben.“

Ob sich der Verkauf des Schlüsselspielers und pallone d’oro 2007 und daraus resultierende Neuverpflichtungen als sportlicher Gewinn für den Verein darstellen werden, werden die anstehenden Neuverpflichtungen und die nächsten Spielzeiten zeigen. Eine veritable Zäsur in der Vereinspolitik markiert der Transfer allemal: Der europäische Spitzenklub AC Milan, der sich bis heute offiziell als „meistdekorierter Klub der Welt“ bezeichnet, der in der Vergangenheit im Zweijahres-Abstand Finals der Champions League bestritt, der bis vor wenigen Jahren mit einem scheinbar unbegrenzten Budget Europas Spitzenspieler verpflichtete und nur sportlich wertlose Spieler abgab, ist Geschichte. In Zukunft werden wir einen AC Milan sehen, der sich finanziell weitgehend selbst tragen muss, der dem Modell AS Roma, Udinese oder Arsenal folgend junge Spieler verpflichtet und auf dem Höhepunkt ihres Leistungsvermögens abgibt, um die Bilanz auszugleichen.

Kein, ich wiederhole kein, europäischer Verein mit Titelambitionen trägt sich selbst. Selbst wenn man als Vorbild exzellente Clubs mit unserer neuen Philosophie betrachtet, spielen die weder in der Meisterschaft noch der Champions League eine herausragende Rolle. Dieser Aspekt wird von den Granden des AC Milan gern verschwiegen. Der Verkauf Ricky Kakàs markiert einen Umbruch, eine Revolution, die weiße Flagge eines europäischen Topclubs, der in Zukunft versuchen muss, durch Champions-League-Teilnahmen und Spielerverkäufe Gewinn zu erwirtschaften.

„Kakà e il Milan hanno già risposto al Real Madrid in passato. Non vedo alcuna ragione per cambiare questo atteggiamento. E poi la prova di attaccamento ai colori rossoneri data in questi giorni mi sembra eloquente…“
„Kakà und Milan haben Real schon in der Vergangenheit geantwortet. Ich sehe keinen einzigen Grund, von dieser Position abzuweichen. Zudem erscheint mir die Bindung an die rotschwarzen Farben in diesen Tagen Bände zu sprechen…“
(Silvio Berlusconi, 23.01.2009)

Kakà bekommt bei Real effektiv weniger Geld (nur 50 % der Imagerechte). Der von Galliani erwähnte steuerliche Aspekt ist zudem nur für den Verein interessant, nicht für den Spieler, Spieler verhandeln immer Nettosummen. Desweiteren halte ich es für einen Spieler normal, zu wechseln, wenn er nicht mehr das Vertrauen seines Arbeitgebers spürt, der ihn innerhalb von 6 Monaten zweimal an den nächstbesten verkaufen will – kein Spieler der Welt bleibt „für die Fans“ bei einem solchen Club. Ungeachtet der bisherigen Aussagen der Vereinsführung, dass man „versuchen werde, Ricky zu halten“, aber „ausländische Clubs mit anderen Summen operieren“ steht fest, dass Kakà gegen seinen erklärten Willen zu Real wechselt, verkauft von einem Clubeigner, der zwar eine neue Strategie beschlossen hat, sich offiziell aber noch in den Erfolgen der Vergangenheit badet und von einem „auf allen Ebenen wettbewerbsfähigen AC Milan“ fabuliert, der im nächsten Jahr mit einer Mannschaft antreten wird, „die gegenüber Inter konkurrenzfähig ist“. Wohlgemerkt, dasselbe Inter, dass uns (mit Kakà) in den vergangenen Spielzeiten um zwischen 10 und 20 Punkte deklassiert hat. Wie man die Abgabe des absolut besten Spielers des Vereins sportlich kaschieren will und zudem den absolut notwendigen Umbau der überalterten Mannschaft angehen will, zumal mit einem absoluten Novizen auf dem Trainerstuhl, steht bislang noch in den Sternen.

Vor allem sprechen wir von einer Finanzholding (Fininvest) als Clubeigner, die im Jahr Gewinne macht – andersherum heißt das, dass die 30 oder 60 oder 90 Millionen Verlust, die bei Fininvest in der Bilanzsumme auftauchen, steuerlich geltend gemacht werden können. Von den nominellen Verlusten (Bilanzausgleich des ACM durch die Fininvest) ist immer abzuziehen, dass gut die Hälfte als Steuern an den Staat gegangen wären. Also hat zwar Fininvest dieses Jahr 65 Mio zugeschoben, um den Haushalt 2008 auszugleichen, davon mehr als die Hälfte an Steuern gespart. Wenn man jetzt noch herausrechnet, dass Berlusconi ja keinesfalls 100% an Fininvest gehören, ist der tatsächliche finanzielle Verlust für unseren kleinen Sonnenkönig natürlich deutlich geringer, als die Zahlen, die immer so gern in den Medien zitiert werden. Seit die Kinder Marina und Pier Silvio Berlusconi (eine Interista, hört, hört) die Führung der Fininvest übernommen haben, sind denen die jährlichen Verluste des ACM ein Dorn im Auge und beide fordern einen ACM, der „sich selbst trägt“. Genau das sehen wir im Moment und Silvio Berlusconi hat a) im Moment keinen Bedarf mehr am ACM als Image-Träger und b) im Moment dringendere Baustellen aufzulösen (Scheidung, Noemi, Finanzkrise).

Silvio Berlusconi, der Schattenpräsident, steht im Moment vor der Herausforderung, sich mit den finanziellen Forderungen seiner Frau auseinanderzusetzen, die kürzlich die Scheidung eingereicht hat. Er muss einem wirtschaftlich angeschlagenen Land, dem er ja auch vorsteht, erklären, dass magere Jahre anstehen und der von Steuern und sinkenden Einkommen gebeutelten Bevölkerung vermitteln, dass der Gürtel enger geschnallt werden muss. Und er hat, vermutlich der wichtigste Punkt, angesichts einer von allen Skandalen unerschütterbaren, parlamentarischen Mehrheit keinen Bedarf mehr an einem unbesiegbaren AC Milan als Imageschleuder. Jedenfalls braucht er nicht mehr den AC Milan, um sich als Sieger darzustellen, seine Macht ist unangetastet. Politisch unangetastet selbst durch peinliche Fotos uns Spekulationen um ein Verhältnis zur jetzt 18-jährigen Noemi. Eine Präsidentschaft vom Typ „Santiago Bernabeu“ geht bruchlos über in eine Präsidentschaft vom Typ „Giussy Farina“ (und nicht mal der hat seinerzeit Baresi verkauft).

Nur, wenn der ACM vom Gönner-Modell (Inter) zum Modell Wirtschaftsunternehmen (Roma) wechselt, markiert das eine ernste Zäsur in der Strategie der Vereinsführung. Was die Mehrheit der Tifosi auf die Palme bringt, ist nicht diese 180Grad-Wendung als solche (Berlusconi kann mit seinem Geld machen, was er will), sondern, dass wir Fans für dumm verkauft werden sollen mit den dauernden „siamo a posto così“, „kommt Nesta zurück, brauchen wir keinen Verteidiger“, „mit Borriello haben wir schon einen Spitzenstürmer“. Was mich persönlich stört, sind die andauernden Beteuerungen, dass es kein „ridimensionamento“ gibt, dass wir „nächstes Jahr um die Meisterschaft“ spielen und dass man die Mannschaft „durch Zukäufe gar nicht verbessern kann, weil wir die besten Spieler schon bei uns haben“. Weil gewinnen werden wir so – genau wie Reggina, Chievo oder Udinese – genau gar nichts.

Einfach mal ein paar Worte zum Strategiewechsel, zum neuen Projekt, zur zukünftigen Vereinspolitik und eine objektive Ankündigung, dass uns Jahre ohne Titel bevorstehen, anstatt diese Dauerdisco vom „club più titolato al mondo“, der nächstes Inter deklassiert. Weil ich seit 3 Jahren komplett für dumm verkauft werde. Und an dem Punkt bevorzuge ich die Scheichs.

Der AC Milan verkauft seinen absoluten Starspieler, gegen den Willen der Fans und des Spielers selbst, um die anstehenden Wettbewerbe mit einer Mannschaft aus Spielern anzugehen, die allesamt Väter der Freundin des Vereinspräsidenten sein könnten. Irgendetwas läuft hier grundlegend falsch.

15 Antworten auf „AC Milan verkauft Kakà“

Boh. Refinanzieren im streng wirtschaftlichen Sinne wird sich das nicht lassen, vor allem, wenn man den Club mit mehreren Weltstars ausstattet. Die Kids kaufen ja das Trikot entweder von Ronaldo oder von Kakà. Dann gibt es noch zahlreiche „weiche“ Einnahmen qua Werbewirksamkeit, Sichtbarkeit, Erhöhung des Markenwerts etc., die sich nicht so einfach quantifizieren lassen. Zustimmen will ich aber, dass Real im Moment das Rad überdreht. Angeblich arbeitet ja Platini im Moment an einer Lösung, die in 2-3 Jahren Vereine nur noch zulassen will, die ihre Bilanzsummen unter Kontrolle halten. Die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt.

Ich hatte mich an anderer Stelle mal so ausgedrückt:

„Das System Fußball ist denselben wirtschaftlichen Spielregeln unterworfen wie alle anderen Zweige der Marktwirtschaft, ein Fußballklub ist ein Wirtschaftsunternehmen. Es handelt sich beim Fußball um keinen im Vakuum, nach eigenen Gesetzen funktionierenden Diskurs, sondern die Gelder, die im Fußballsystem zirkulieren, werden ökonomisch genauso bewertet wie in allen anderen Wirtschaftszweigen auch. Zwischenzeitliche Übertreibungen und Blasen werden – mittelfristig – immer ausgeglichen, bis sich ein realistischer „Marktwert“ der Ware Fußball und der Spieler einpegelt.

2000 ist die Neuer Markt/internetaktien-Blase geplatzt. 2006 die Immobilienblase in den USA und GB, 2008/09 sind die vollkommen überdrehten Finanzmärkte kollabiert. Es ist nicht völlig unrealistisch, anzunehmen, dass auch das System Fußball ins einer derzeitigen Form und mit seinen derzeitigen Summen kollabiert. 100% aller Investoren geben Geld nur aus, wenn das zu erwartende Ergebnis mit den Ausgaben in einem gesunden Verhältnis steht. Auch Fußballclubs drucken kein Geld, sondern verteilen es nur: Sie nehmen ein und geben aus. Der derzeit von real gezahlte Preis für Kakà geht davon aus, dass der Spieler dies wert ist – unter Annahme, dass siech die heutigen Zustände im Fußball in Zukunft nicht ändern. Die großen Fußballclubs leben derzeit genauso auf Pump wie bis vor kurzem die Investmentbanken und die US-Amerikanischen Häuslebauer – bis irgendjemand den Teppich weggezogen hat und realistischen Bewertungen der tatsächlichen Werte plötzlich auf der anderen Seite grotesken Überbewertungen (= Schulden) gegenüberstanden.

Warten wir 1-2 Jahre und wir werden sehen, ob der Verkauf Kakàs zum Höhepunkt der Spekulationsblase nicht sogar – wirtschaftlich – ein genialer Coup war, während andere Vereine pleite in der Versenkung verschwinden. Auch durchaus denkbar.“

maldini, durch den natürlichen alterungsprozess, und jetzt noch kaka, durch missmanagement, in einer saison zu verlieren schmerzt verdammt als milanisti. aber was doch wirklich ratlos stimmt ist einen der top5 spieler der welt zu erkaufen. dieser war ausserdem – scheint es – einer der seltenen loyalen topstars, welcher schon fast ein schwarz-rotes herz hatte. nicht zu vergleichen mit c.ronaldo oder ibrahimovic, die offensichtlich gerne auch einmal woanders spielen würden.
was mich unglaublich nervt von galliani/berlusconi ist die permanente fokussierung auf der tatsache „most successul club“. merken dieser herren nicht, dass wenn man keine kompetitive mannschaft mehr stellt, früher oder später diesen titel verliert?!
wenn ich mir denke was in der wirtschaft für geld im umlauf ist. ein topbanker in der schweiz verdiente gerne mal 5-10 mio. euro in der jüngsten vergangenheit. nun ist die globale krise eingetreten, wo alle einbisschen enger schnürren müssen – ausser offensichtlich real madrid – aber wie zum henker sollen 100mio. ein angebliches krisengeschütteltes unternehmen wirkliche helfen?
ac milan war/ist eine globale marke, die meiner ansicht locker investoren – aus welcher weltengegend auch immer – gefunden hätten die mindestens diesen betrag aufgeworfen hätten.
doch nein man verkauft lieber den garanten für sportlichen erfolg (oder ebnete nicht kaka alleine gegen manU den letzten cl erfolg..) und investiert in der jüngsten vergangenheit lieber wahllos in die prärie heraus (emerson, ronaldinho, beckham, sheva..) mit diesen millionen hätte der kaka transfers schon beinahe refinanziert werden können.
ich bin völlig orientierungslos zur zeit. mir fehlt da schlichtweg ein konzept. wie du schön sagst sind wir alles fans, die in der epoche „calcio moderno“ grossgeworden sind. uns deshalb erfolg fast schon gewohnt sind. jedoch geht es mir nicht nur um erfolg in diesem fall, sondern um eine gewisse struktur bzw. ein konzept. seit der zeit als maldini neben 10 farbigen spielern auflief (desailly, davids, reiziger, ba, kluiver, bogarde…) habe ich nie mehr so eine konzeptlosigkeit wie in den letzten 2-3 jahren entdeckt. carlo machte seinen job gut, jedoch setzte er mir zuviel auf ältere semester, deshalb war ich froh über einen frischen wind auf der bank. welcher vielleicht talente wie gourcuff nicht verschwendet hätte. nun, die tatsache dass man kaka verkauft hat relativiert alles. die zukunft ist ungewisser den je. die milanisti gespalten und für eine neupositionierung richtung selbsttragender verein ist dieser führung mit ihren parolen (club piu titolato al mondo…) nicht geeignet. sollte in den nächsten 2-3 jahren der erfolg ausbleiben, haben sie es geschafft – die marke ac milan – nachhaltig zu schädigen. d.h. das sie für investoren nicht annhähernd mehr so interessant sein wird wie jetzt.
silvio darf diesen weg gehen, denn er hat das projekt gestartet und die marke aufgebaut. doch ohne erfolg verliert man zustimmung und mit sinkender unterstützung, büsst man an macht ein. hoffentlich entdeckt silvio mit zunehmendem greisenalter nicht diese bisher unbekannten attribute seines wesens.
byebye to: maldini the past captain / kaka (the future captain)

Schöner Beitrag. Wahre Worte, wahre Worte! Ich schreib mir seit Wochen die Finger wund, dass mein Hauptkritikpunkt der ist, dass mir in den letzten Jahren jegliches Konzept und jegliche Transparenz fehlen. Natürlich kann man Kakà, wie jeden anderen Spieler auch, verkaufen. Die Fans währen nur deutlich entspannter, wenn man klar sagen würde, wofür!

Der Verkauf Kakàs steht mindestens seit Januar fest und bereits Anfang Mai hat sich Perez incognito mit den Milan-Granden getroffen und den Vertrag in Sack und Tüten gehämmert. Ob es die kolportierte Offerte von ManCity jemals gab, werden wir nicht erfahren, aber bereits zu dem Zeitpunkt stand die Piste Real fest. Den Rest muss man zwischen den zeilen lesen: „Ich bleibe bei Milan, solange sich meine Ziele mit denen des Vereins decken“ und „Ich wollte bei Milan bleiben, aber…“ Insofern hat er nie gelogen: Er wäre am liebsten bei einem konkurrenzfähigen Milan geblieben, nach der Änderung der Vereinsstrategie war ja evident, dass sich Kakàs Ziele eben gerade nicht mehr mit denen des Vereins deckten. Und so ist er eben zu einem Club gegangen, der gross genug war für einen wie ihm. Den ganzen Herz-Schmerz-Blödsinn können wir – wie immer, wenn man diese Worte hört – streichen.

Ich glaube nichtmal, dass Kakà verkauft wurde, um die aktuelle Bilanz auszugleichen. SB hat Milan einen Sparkurs verordnet, und auch heute nochmal bekräftigt, dass Milan nie wieder rote Zahlen schreiben darf. Nehmen wir dazu die Aussage von vor ein paar Monaten, dass die Ausgaben für Spielergehälter von derzeit ca. 120 Mio auf 90 Mio gedrosselt werden müssen. In diesem Moment war klar, dass Kakà gehen muss – theoretisch hätte man den 18-Mio-brutto-Mann natürlich auch halten können, aber dann hätte der Rest der Mannschaft um das obige Ziel zu erreichen, brutal runtergestutzt werden müssen. Und selbst dann hätte sich ein Abgrund aufgetan zwischen dem Einkommen Kakàs und dem der anderen Spieler (die ja maximal 2 Mio verdienen dürften). Unvorstellbare Alternativen. Und genau diese Politik wird dazu führen, dass in 1-2 Jahren auch Pato weg muss.

Gerade gestern habe ich eine Studie gelesen, dass Real schon in der ersten Saison für Kakà via Merchandising, Sponsoren, Abos, Tickets, Image-Aufwertung, wasauchimmer ca. 75 Mio einnimmt – der Transfer trägt sich also selbst. Interessant, dass wir das nicht hinbekommen. Aber bei uns – immerhin Erfinder des calcio moderno – gibt es ja auch 20 m ums Stadion massenhaft gefakte Trikots zu kaufen. Natürlich ist sowas kontraproduktiv. Nur eine Direktion wie die unsere füllt die Mannschaft mit Ex-Spielern wie Ronaldinho auf (der durch eine Reihe zur Hälfte abgegebener Spieler wie Abate, Paloschi & Co. finanziert wurde), schleppt Mumien zu horrenden Gehaltskosten durchs Mittelfeld (Seedorf, Pirlo) oder fungiert gleich als Altersheim für 9 Mio brutto (Dida). Natürlich hätte man Kakà halten können. Aber hierfür hätte Berlusconi grobe strategische Fehler in der Vereinsführung zugeben müssen. Und Berlusconi, der einen Fehler zugibt, dass ist so wie Leben auf dem Mars: Schön wär’s!

Die Trennung wird also einvernehmlich gewesen sein, Kakà war einfach pfiffiger als z.B. Ronaldo damals beim Wechsel von Inter zu Real. Den wollte auch der Verein abgeben, hat es aber geschafft, den Spieler als Vaterlandsverräter zu verkaufen und den Zorn der Fans ganz allein auf diesen zu lenken. Bei Kakà ist das nicht gelungen und der gesamte Zorn richtet sich gegen den Verein und dessen Eigner. Zurecht auch, denn die elegante Lösung wäre ja ganz einfach gewesen, die neue Vereinsstrategie (Ridimensionamento, max. 90 Mio Gehaltsobergrenze, Verein muss sich selbst tragen, wir haben ein neues Projekt) sauber und deutlich zu kommunizieren, zu erklären, was man genau vorhat und mit wem. D.h. wer wird Trainer, welche Spieler gehen, wer wird geholt, mit welchem System wird gespielt und was sind die kurz- bzw. mittelfristigen Ziele des Clubs. Nichts von alledem ist passiert. Stattdessen hat man sich auf alte Parolen verstiegen, faselt heute noch von CL und „club più titolato al mondo“, laberte was von „wir werden alles versuchen, um ihn zu halten“ oder „nichts ist entschieden, wir reden Montag“. Nun, der Club hat nicht nur nichts gesagt zum Strategiewechsel, sondern hat sich auch noch dutzendfach ganz objektiv der Lüge überführen lassen. Das konnte Kakà prima ausnutzen, denn gelogen im wörtlichen Sinne hat der ja nicht. SB und AG schon.

Puh ich bezweifel, dass sich die Transferausgaben von Real Madrid für Kaka und jetzt auch die 94.000.000€ (!) für den ehemals besten Fußballer der Welt refinanzieren lassen. Das hat schon unter Beckham, Figo, Zidane nicht funktioniert. Aber gut, solange die UEFA es billigt, dass Vereine wie Real Madrid völlig abseits jeglicher Realität arbeiten dürfen und das auch noch zu Werbezwecken nutzt, wird sich nichts ändern.

Das es nun auch Milan trifft, den von dir zitierten Erfinder des „Calcio moderno“ entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Auf der anderen Seite macht sich der AC Milan für mich etwas „sympathischer“, weil er eben mal wieder ein bisschen näher an die Realität kommt. Das ganzen Konstrukt des modernen Fußballs mit aberwitzigen Ablösesummen und Spielergehältern auf US-Sport Niveau wird hoffentlich früher oder später vor die Wand fahren.

Interessantes zwischen den Zeilen von Ernesto Bronzetti Ernesto Bronzetti, unserem Transfermarktbeauftragten für Spanien.

Der hatte sich ja am 27.05. noch geäußert, dass Kakà bei Milan bleibt. Nun der Knaller:

„die Hoffnung, dass der Brasilianer bei Milan bleiben könnte, war aus einer besonderen Situation in diesem Moment geboren (…) die dem Verein frisches Kapital hätte garantieren können.“
(„la speranza che il brasiliano potesse restare nel Milan nasceva da una situazione in quel momento (…) che avrebbe potuto garantire nuovi capitali alla società rossonera.“)

Scheint so, als hätte SB die Verhandlungen mit den Scheichs am 27.05. abgebrochen und zu dem Zeitpunkt entschieden, sich stattdessen von Kakà zu trennen.

Gerade der FC Barcelona hat es ja vorgemacht, was man mit einer überragenden Jugendarbeit erreichen kann. Natürlich haben auch die Katalanen für Spieler wie Henry oder Eto’o reichlich Geld rausgehauen, aber Spieler wie Iniesta, Xavi und allem voran Messi sind halt nicht für aberwitzige Ablösesummen gewechselt, sondern stammen aus der eigenen Schule.

Warum Milan in den letzten Jahren vornehmlich auf große Namen alternder „Superstars“ gesetzt hat, überrascht mich auch. Spätestens das Aus im letzten Jahr gegen Arsenal in der CL hätte zu einem Umdenken führen müssen…. außer man hat sich weiter daran berauscht, dass man Manchester United im Jahr zuvor verputzt hat (Dank eines überragenden Kaka).

Spieler haben einen wirtschaftlichen und einen sportlichen Wert, nicht immer ist beides deckungsgleich. Leute wie Seedorf (4 x CL), Ronaldinho (zweitbekanntester Spieler der Welt) oder Beckham haben einen wirtschaftlich bedeutenden Imagewert, der den sportlichen Wert deutlich übersteigt. Vereinspolitik seit 2006 war es, mit möglichst geringen Mitteln möglichst viel Geld einzunehmen. Via Sponsoren, Ticketverkauf und Wert für die Fernsehrechte sind die o.g. Spieler Gold wert, sie bezahlen sich praktisch selbst. Sportlich sind sie natürlich weit über ihren Zenit hinaus.

Während also wirtschaftlich es durchaus sinnvoll ist, Dinho zu halten und Kakà abzugeben, ist sowas natürlich ein Desaster für die sportliche Perspektive eines Teams.

Schöner Artikel, der einem Laien wie mir einigermaßen erkärt, warum Milan Kaka verkauft hat.

Den Wunsch nach einem Investor (Schiech) kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Im Endeffekt läuft man auch bei einem Scheich in Gefahr, dass er irgendwann sein Vermögen (unwahrscheinlich) oder aber die Lust verliert. Gerade der jetzige Einschnitt in den Ausgaben des ACM, gepaart mit dem bevorstehenden sportlichen Abstieg müsst eigentlich jedem zeigen, das der Weg, den vorallem englische Klubs gehen, nicht der Richtige ist. Und ich würde mich schwer tun zu entscheiden, ob mir sportlicher Erfolg, sportliches Wettrüsten mit den anderen Topklubs es wert ist, dass bei einem Rückzug des Geldgebers der Laden eventuell vor die Wand fährt.

Nun, wir plagen uns ja gerade mit einem Präsidenten, der zwar nicht sein Vermögen, wohl aber die Lust an seinem Spielzeug verloren hat, insofern sehe ich soviel Unterschied zu einem Einstieg der Scheichs gar nicht. Davon unabhängig wäre aber – Scheichs hin oder her – natürlich auch die Kompetenz des Managements zu beleuchten, die die zur Verfügung stehenden Gelder dermaßen sinnlos verbrannt hat (Dida, Gourcuff, Seedorf, Pirlo …), dass zu erwarten wäre, dass mehr Gelder nur zu mehr Verschwendung führen würden…

Ansonsten stimme ich dir voll zu: Neuaufbau, Umstrukturierung, junge Spieler statt Superstars, Wiedererweckung unserer einst weltbesten Jugendabteilung. Ich würde gern ein ausgereiftes Konzept für die Zukunft hören – dann akzeptiere ich gern ein paar titelfreie Jahre. Zur Abwechslung mal Ehrlichkeit statt mit viel Pomp zelebrierte Spielerverpflichtungen (Beckham, Dinho) und das ewige herumreiten auf unseren vergangenen Titeln (”club più titolato al mondo”).

Planst du noch einen Artikel zum Ende der Ära Ancelotti? Würde mich sehr interessieren, denn als Nicht-Milan-Fan erinnert mich der Abschied von Aussen betrachtet irgendwie an das Ende von Vicente Del Bosque in Madrid. Also nicht wirklich nötig, weil nicht die echte Ursache für die aktuelle „Misere“. Und auch nicht wirklich freundlich in den Abschiedsworten… Berlusconi hat ja noch nie ein Blatt vor den Mund genommen, aber warum er jetzt noch dermaßen nachtritt ist irgendwie unverständlich und beschädigt aus meiner (wie gesagt entfernten) Sicht das Andenken an die großen Erfolge unter Ancelotti. Immerhin gibt es bis jetzt ganze vier Trainer die zweimal die CL gewinnen konnten, Del Bosque, Hitzfeld, Ferguson und eben Carlo…

Berlusconi kehrt sich einen Dreck um das Andenken Ancelottis. Vielmehr sind seine Äußerungen sehr typisch für ihn: Er sonnt sich in Siegen und lädt die Schuld für Niederlagen an andere ab. Und weil er sonst zugeben müsste, dass die Schuld für die unzureichenden sportlichen Ergebnisse seit 2006 (die CL 2007 war ein Resultat des Stolzes einer weit über sich hinausgewachsenen Mannschaft), direkte Konsequenz seines Rückzugs als Milan-Präsident sind, benennt er eben Ancelotti als Schuldigen. Selbstverständlich sind seine Aussagen zu „wir haben taktische Fehler gemacht“, „mit Ronaldinho hätten wir alles gewonnen“ nur eklatante Lügen, die überdecken sollen, dass niemand mit diesem seit 2006 nicht namhaft aufgefrischten, überalterten und unmotivierten Team irgendetwas gewonnen hätte. Für einen Neuaufbau wäre aber Geld vonnöten, Geld, dass Berlusconi lieber nicht bezahlt und um sein Image nicht zu beschädigen, war eben der Trainer an allem Schuld und die Mannschaft ist ok so, wie sie ist („siamo a posto così“).